Samstag, 1. November 2008

Tag 20 und 21, das erste Wochenende:

Ich hatte mir für das Wochenende nichts konkretes vorgenommen. Außer, dass ich mit der nun etwas großzügiger vorhandenen Zeit die Innenstadt genauer erkunden wollte. Ganz so früh kam ich dann aber dann doch nicht los. Ihr kennt das ja. Samstage verbieten es einfach, vor 10 Uhr auch nur ein Auge aufzumachen. Nach gemütlichem Frühstücken und einigen Zeilen in meinem interaktiven Tagebuch, so jetzt der interne Name dieses Texte hier, raffte ich mich dann aber doch auf und mit Laptop und Foto bewaffnet schlug ich gegen 16 Uhr in der Stadt auf. Super, damit hatte ich schon mal drei Stunden zum Erkunden gegenüber einem Wochentag gewonnen. Ich landete komischer Weise aber wieder sehr schnell (eigentlich ohne Umwege) bei McDoof. Ich war mitteilungsbedürftig, also rief ich zum ersten Mal meinen Vater per Skype an. Klappte auch gut, die Qualität war okay. Und während ich so schön erzählte, fuhr einige Meter vom Strand entfernt eine Jacht vorbei.

Aber was für ein Teil sage ich euch. Wie viele Millionen die verschluckt hatte, wollte ich lieber gar nicht wissen. Aber dass sie nach Monaco unterwegs war, war klar. Ich saß wieder an meinem inzwischen zum Stammplatz erkorenen Sitz genau am Fenster mit Blick auf die Promenade des Anglais, den Boulevard und das Meer. Also nutzte ich die Möglichkeit, holte meinen Foto raus und knipste die Jacht. Dann steckte ich die Chipkarte in mein Kartenlesegerät an der Front meines Laptops, und noch während die Jacht da so vor sich hin protzte, hatte ich das Bild meinem Vater per MSN geschickt. Ich fands geil, jemandem ein Bild zu schicken, während man per Internet mit ihm telefoniert und ihm dann sagt, dass das Bild 30 Sekunden alt ist. Mittendrin statt nur dabei sozusagen. Hach ja, ich liebe das 21. Jahrhundert. Ist genau mein Ding. Andere live an seinen Erlebnissen teilhaben zu lassen, that’s entertainement. Ups, falsche Sprache...

Irgendwann war Kollege Akku dann die Luft ausgegangen und ich machte mich wieder auf die Socken. Da es aber noch relativ früh war, ging ich auf dem Boulevard nach Osten zwar Richtung Bus und großer Platz, aber ich bog diesmal nicht ab, sondern ging weiter, immer am Meer entlang. Zum ersten Mal bemerkte ich, dass der Strand nicht gerade einladend war. Anstatt Sand, wie ich ihn hier eigentlich erwartet hatte, sah ich große Steine, so groß wie Eier. Darauf lagen dann die Leute mit ihren Handtüchern. Dass das bequem sein würde, konnte ich mir nicht vorstellen. Einige Meter weiter gab es dann aber einen Teil mit aufgeschüttetem, feinem Sand. Sah zwar komisch aus zwischen dem normalen Strand mit seinen Steinen, aber zumindest ist es bequemer und aus der senkrechten sieht man den anderen Teil ja eh nicht. Auf jeden Fall war ich etwas enttäuscht. Den Strand hatte ich mir anders vorgestellt.

In dem türkis schimmernden Wasser konnte man zwar sicher gut schwimmen, aber zu einem perfekten Badeort gehört neben dem Wasser nun mal auch der perfekte Sandstrand. Oder warum ist wohl die Karibik der Innbegriff für Traumferien am Meer? Es gibt keine Steine. Ich lief weiter und es ging leicht bergauf in eine Rechtskurve. Die Straße und die Promenade umkurven hier eine kleine Landzunge, die erhöht liegt. Auf Höhe des Strandes drehte ich mich um und blickte die gesamte Promenade hinunter. So ist auch das Titelbild dieses Blogs entstanden. Man hat dort eine echt schöne Aussicht. Hinter der Kurve und der kleinen Landzunge schaut man in Richtung Hafen. Dort fahren die Fähren nach Korsika und wahrscheinlich auch viele Kreuzfahrtschiffe ab. Ich war aber zu faul, um weiter zu laufen, daher drehte ich wieder um.

Mir fiel aber ein in die Wand eines kleinen Berges eingemeißeltes Denkmal auf. Es war ziemlich groß. Da ich zu weit weg war, immerhin lag die Straße und das Gelände vor dem Denkmal dazwischen, konnte ich aber nicht erkennen, worum es sich handelte. Später konnte ich aber auf dem PC beim zoomen erkennen, dass dort unter anderem 4 Jahreszahlen eingraviert sind, 1914, 1918, 1945 und ganz links war nur eine halbe 9 als letzte Ziffer zu erkennen. Also 1939 wahrscheinlich. Die Jahreszahlen der Anfänge und Enden der beiden Weltkriege. Wie es am Meer so ist, dürfte es sich dann also um ein Marinedenkmal handeln, das den gefallenen französischen Soldaten gedenkt, die in Seeschlachten gefallen sind. Auf meiner Straßenseite war ebenfalls ein Denkmal errichtet. Ein Kreuz mit zwei vermerkten Daten. 1829 und 1871. Zumindest 1871 sagt mir was. Das Jahr der Französischen Revolution. Ob es einen Zusammenhang zum Meer gibt weiß ich nicht. Also noch was zum googlen. Ich ging dann wieder zurück, zudem sich der Himmel etwas bedeckt hatte und es unangenehm kalt ohne Sonne war.

Der Weg zurück ging natürlich etwas schneller. Muss ja nicht alles zwei Mal fotografieren. An der Stelle, wo man sich oberhalb des Strandes befindet, blieb ich aber wieder stehen, denn durch die Wolken entstand ein tolles Bild, insbesondere in den Momenten, als die Sonne sich durchkämpfte und das Meer schimmern lies. Zeitgleich waren mehrere Boote unterwegs, die Leute in Fallschirmen hinter sich herzogen. Das gab ein tolles Motiv ab. Das Auge für so Sachen habe ich sicher von meiner Mutter. Die ist ja schließlich Fotografin und hat mich mit dem Knips-Wahn angesteckt. Bin ich aber dankbar für, so entgeht mir und euch kein Moment meiner Erlebnisse. Also denkt daran, wenn ich euch das nächste Mal wieder mit meiner kleinen Kamera nerve, wozu es alles gut sein kann.

Ich fuhr an diesem Samstag also etwas früher zurück in die Colline als sonst. Den Abend verbrachte ich mit Schreiben und Musik. Nichts, was jetzt groß überraschend kommt also. An diesem Abend brachte ich knapp 2.000 Wörter zu Papier beziehungsweise Tastatur. War auch nötig, denn ich war ziemlich im Verzug. Ich war nicht mal mit Hirschluch durch. Das war ja aber schon fast zwei Wochen her und in der Zwischenzeit war schließlich so einiges passiert, was es wert war, berichtet zu werden. Dementsprechend motiviert hämmerte ich stundenlang auf meine Tastatur ein. Mein neuer Laptop erwies mir dabei weiterhin sehr gute Dienste. Trotz anfänglicher Bedenken gegen Vista musste ich bis hier hin zugeben, dass ich absolut nichts zu beanstanden hatte. Abgesehen davon war der Laptop aber auch von der Hardware ein wirklich guter Kauf. Mehrere Anwendungen gleichzeitig durchführen, Windows Media Player und Need 4 Speed Hot Pursuit 2 parallel, alles kein Problem und ohne Einschränkungen durchführbar. Ich war absolut zufrieden. So macht arbeiten Spaß. Bei meinem alten PC in Berlin konnte man sich immer schön einen Kaffee kochen, die Oma anrufen und noch duschen, während man darauf wartete, dass Strg+Alt+Entf. reagierte. Aber die Zeiten waren vorbei.

Der Sonntag begann wie der Samstag erst nach sehr ausgiebigem Ausschlafen. Dank der nymphomanischen Muse, die mich scheinbar nonstop beglückte, ging das Schreiben schon während des Frühstücks weiter. Anschließend machte ich mich wieder auf den Weg in die Stadt. Funktionierendes Internet hatte ich ja nun schließlich gefunden. Im Gegensatz zu dem Rad, das vielleicht noch irgendwo darauf wartete, abgeholt zu werden. Auf den Bus hatte ich langsam echt keinen Bock mehr. Sie waren unzuverlässig, langsam und förderten nicht gerade den Stressabbau.

Wer nämlich denkt, dass Nizza ja nicht so groß ist und daher relativ wenige Verkehr hat, dem darf ich hier freundlichst vom Gegenteil berichten. Es gibt da so eine Ecke, an der zu gewissen Tageszeiten die Hölle los ist. Es ist der Ort, wo sich eine Autobahnabfahrt und mehrere Straßen kreuzen. Wer dann noch die Parkgewohnheiten der Franzosen kennt, die gelinde ausgedrückt der reinste Wahnsinn sind, kann sich vielleicht vorstellen, welche Freude es ist, in einem überfüllten Bus zu hocken, der alle paar Meter stoppt, weil es zu eng wird. Die Straßen sind nicht wirklich der Größe der darauf fahrenden Fahrzeuge entsprechend. Oder anders gesagt: Halteverbotsschilder werden hier selbstverständlich ignoriert. Wenn ich kurz einkaufen will und keinen Parkplatz finde, stelle ich die Karre eben auf der Busspur ab. Busspur ist eigentlich auch Quatsch, denn die reicht maximal für zwei Mofas nebeneinander. Wenn dann auf der Gegenspur auch jemand einkaufen muss, dann entstehen die Engpässe, die früher oder später die ganze Kreuzung Lahmlegen. Und das ganze endet dann damit, dass sich zwei Busse entgegenkommen. Dann kann man sich darauf vorbereiten, den Terminplan etwas nach hinten zu verschieben. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich will ein Rad verdammter Mist. Dann werd ich an allen Autos vorbeifahren, die mal wieder nicht vorwärts kommen und werde ihnen grinsend den Mittelfinger zeigen. Ich hab Null PS, Null CO²-Emissionen und komme trotzdem schneller vorwärts als ihr, haha. Übrigens der Grund, warum ich bisher keine Notwendigkeit sah, einen Führerschein zu machen.

Ich verbrachte einige Stunden bei McDonalds und surfte nach Herzenslust, schrieb Mails an Nicola, Heidi und Lars und schrieb per MSN. Lars fragte ich in der Mail, ob er mir eine genauere Beschreibung der Lage des Rades geben könne. Vielleicht gab es ja noch Hoffnung. Anschließend ging ich wieder an die Promenade und beobachtete das Treiben.

Ich ging einige Schritte und da entdeckte ich es. Das Herz Nizzas. In den Sand gemalt. Und es schlug auch bei eher magerem Wetter. Es war zwar nicht kalt, aber verregnet. Die Nacht zuvor hatte es geschüttet wie aus Kübeln und auch heute sah es so aus, als könnte es jederzeit wieder anfangen. Hinter einer weiteren Landzunge, hinter der kleinen von gestern, kam ein großes Kreuzfahrtschiff zum Vorschein. Ich verfolgte es einige Minuten, wie immer mehr Lichter auf ihm angingen, da es dunkel wurde. Irgendwann stoppte es und schließlich vollführte es eine Wende. Keine Ahnung warum. Es stoppte. Oder fuhr so langsam, dass man es vom Strand aus nicht erkannte. Von links kam ein noch größeres Schiff hinter der Landzunge hervor. War ja ganz schön Betrieb hier. Und scheinbar war das Kreuzfahrtterminal nicht dort, wo die Fähren abfuhren, nämlich in hinter der ersten kleinen Landzunge. Ich wartete, bis die beiden Riesen auf gleicher Höhe waren. Rechter Hand waren inzwischen auch die Lichter der Landebahnen des Flughafens angegangen und überall sah man Positionslichter an Flugzeugen blinken. Ab und zu startete eines an der Promenade vorbei, eine Kurve vollführend aufs Meer hinaus rasend. Es machte spaß, die ganzen Lichter zu beobachten, die zu Land, zu Wasser oder in der Luft blinkten und blitzten.

Dann war es ganz dunkel und es war inzwischen auch etwas kühl, um noch länger stehen zu bleiben. Ich machte mich also auf den Weg zum Bus. Dort das übliche Geschehen. Nach System kam hier sicher kein Bus, das war mir inzwischen klar, sodass ich mir auch keine Mühe gab, auf den Plan zu schauen. Diesmal stieg ich zur Abwechslung mal dort aus, wo ich hinmusste. Die Haltestelle heißt sogar „La Colline“, wie das Altersheim. Und als würde er auf mich warten, kläffte mich beim Erreichen des letzten Treppenabschnittes wieder Elliot zur Begrüßung an. Diesmal aber weniger ängstlich, wie mir schien. Ich beugte mich hinunter zu ihm, um ihn schnuppern zu lassen. Damit du mich beim nächsten Mal schneller erkennst, zwinkerte ich ihm zu. Er schnupperte auch an meiner Tasche. Ich hab leider nichts für dich kleiner. Wenn, würde ich dir was abgeben. Ich fragte mich, ob er mich überhaupt verstehen würde, da ich ja deutsch redete. Lustig, oder? Menschen sind so komisch, dass sie manchmal echt denken, Hunde würden nur die Sprache des Landes verstehen, in dem sie leben. Ich verabschiedete mich von meinem neuen Freund und ging aufs Zimmer. Nach Musik und word war auch dieser Tag und damit mein erstes Wochenende in Nizza zu Ende Morgen früh würde die nächste Woche losgehen und ich freute mich darauf. Wird sicher spannend. Mit diesen Gedanken schlief ich schnell ein.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hilfe,
der Sohn einer alten Revolutionären, verwechselt das Datum der französichen Revolution!
Die war 1789 mein Schatz! Eine der wenigen Daten die ich nie vergessen werde.
Simon, das Herz was du in den irischen Sand gemalt hast, ist aber viel schöner!
Deine Mutter

Anonym hat gesagt…

ich habe dieses herz nicht gezeichnet, ich habe es nur dort entdeckt und fotografiert ;-)
das mit dem verwechseln der daten ist peinlich^^ passiert mir doch sonst nicht...

der Autor *grins*

Anonym hat gesagt…

Hey Simon,

ich lese mit Begeisterng deine Texte.

Schreib mir bitte mal bei MSN deine Skypeadresse. Dann können wir mal skypteflonieren.

Liebe Grüße

Deine Julia

Anonym hat gesagt…

"ich habe dieses herz nicht gezeichnet,..."
Ja, das habe ich doch gesehen.
Simon, bevor ich es beim nächsten Telefonat wieder vergesse zu fragen, wie mache ich das bloß mit diesem Namen "anonym hat gesagt..."?
Ich hoffe es geht dir gut und dein französisch wächst und wächst und...
Deine Mutter