Dienstag, 28. Oktober 2008

Tag 17 bis 19: Die erste Arbeitswoche:

Wie am ersten Arbeitstag wird mein Dienst immer um 9:30 Uhr beginnen. Eine sehr humane Zeit zum Glück. Wecker auf 8:30 Uhr muss reichen, um halbwegs aufzuwachen. Ich dusche, auch wenn mit Widerwillen. So ganz entspricht das hier nicht meinen Hygiene-Ansprüchen. Die Küche ist der Knaller. Im Spülbecken liegen Knochen. Vermutlich von der Französin unter mir, sie hat nämlich einen Hund. Elliot, ein Cockerspaniel. Kurz bevor sie mir die Aspirin oder was auch immer gab, hat er mich sehr lange angekläfft, aber als Frauchen kam, war er ganz still und ist ganz fröhlich an mir hochgesprungen. Auch so wuselt er immer viel herum. Entweder er ist noch sehr jung, oder er hat Kaffee in den Napf bekommen. Aber irgendwie ist er niedlich, auch wenn er immer so kläfft, wenn er mich sieht. Und jetzt liegen sogar seine Knochen in der Küche auf meiner Etage. Hier hat schon lange keiner mehr sauber gemacht. Die Dusche ist zwar nicht so schlimm, aber ich bin pingelig was so was angeht. Ich ekele mich, da ich barfuss duschen muss. Ich mag das nicht. Natürlich habe ich vergessen, mir Badeschlappen zu kaufen.

Auf Grund einer Réunion, einem Treffen verschiedener Direktoren diverser Altersheime Nizzas, wurde der Essenssaal im Teil der Alzheimer-Patienten benötigt und konnte daher nicht wie üblich fürs Essen der Bewohner genutzt werden. Daher sieht der Plan für diese Woche so aus, dass die Bewohner tagsüber in der Bibliothek sein werden. Diese hat zwar nicht so viele Bücher, wie es der Name sagt, ist aber ein gemütlicher Raum mit Sofas und einem großen Tisch, an dem man gut Gesellschaftsspiele spielen kann. Das taten wir auch. Um 12 gibt es Mittagessen und ich verabschiedete mich in Richtung Küche. Ich hatte Hunger. Und eine Stunde Pause. Vorher aber nicht vergessen, sich bei der Maschine, hier pointeuse genannt, abzumelden. Sylvie, mit der ich essen ging, erklärte mir aber augenzwinkernd, dass wir erst das Essen holen würden, dieses dann in den salle d’animation bringen würden und erst dann zur pointeuse gehen würden. So gewinnen wir Zeit, sagte sie grinsend. Alles klar, klingt logisch. Mit einem Tablett in der Hand kommt einem der Weg von der Küche zum salle d’animation immer ewig vor, vor allem wenn man Hunger hat und das Essen schon so hinterlistig beginnt gut zu riechen. Zum Glück ist der weg vom salle d’animation zur pointeuse aber nicht weit. Beim Essen übte ich mich dann in französischem Smalltalk. Sylvie hatte nur eine halbe Stunde Pause, daher fing sie wieder an neben mir zu arbeiten, während ich noch in Ruhe aß. Nach dem Essen das gleiche Spiel mit der pointeuse, nur umgekehrt. Erst mit dem plateau zur pointeuse und dann das plateau zur Küche zurückbringen. Sonst geht ja Pausenzeit fürs Zurückbringen drauf und man müsste schon nach 55 Minuten sich auf den Weg zur Küche machen, um dann nach exakt 60 Minuten wieder die pointeuse zu bedienen.

Den Rest des Tages verbrachte ich mit zuschauen und lernen, wie man so schön sagt. Ich probierte mich so gut wie möglich ins Geschehen der Bibliothek einzubringen. Ich beantwortete geduldig Fragen, die an mich gestellt wurden. Oft auch die gleichen mehrmals innerhalb kürzerster Zeit, denn die Demenz lässt ein Speichern der erhaltenen Informationen meistens nicht zu. Von den 10 Bewohnern des Alzheimer-Teiles sind aber nur die 8 Frauen in der Lage, konkrete Fragen zu stellen. Die zwei Männer leben in ihrer eigenen kleinen Welt, ohne viele Worte und Bewegungen. Monsieur O. redet gar nicht mehr und sitzt meistens nur apatisch da, ohne eine Regung. Aber er kann einem die Hand geben und auch Emotionen zeigen. Wenn man ihn anlächelt, lächelt er zurück, wenn er will. Essen kann er alleine, aber an den Aktivitäten der anderen nimmt er nicht teil, dazu ist er nicht mehr in der Lage. Monsieur L. ist etwas aktiver, ist aber ebenso sehr in sich gekehrt. Wenn er redet, dann nur sehr undeutlich und meistens auch ohne Zusammenhang. Er redet auch, wenn niemand anders im Raum ist. Laufen können beide Herren noch, wobei aber nur Monsieur L. sein Umfeld noch einigermaßen wahrzunehmen scheint.

Seine Frau lebt ebenfalls in der Colline, allerdings in einem anderen Teil. Sie sehen sich nicht oft und wenn, dann weiß keiner, ob er sie als seine Frau wahrnimmt. Sie ist geistig noch recht fit, nur körperlich geht nicht mehr viel. Beide strahlen aber irgendwie etwas Nettes aus. Von den Damen ist Madame T. diejenige, die am wenigsten am sozialen Leben teilnehmen kann. Sie hört nur noch sehr schlecht und versteht viele Zusammenhänge nicht mehr. Aber sie ist eine liebenswerte kleine Frau, die ab und zu doch zu verstehen gibt, dass sie mehr von alldem hier versteht, als es meist scheint. Vielleicht die Momente, in denen die Krankheit mal eine Pause macht, wer weiß das schon. Alzheimer gilt als wenig erforscht, Fortschritte in der Bekämpfung beziehungsweise Linderung werden nur sehr langsam gemacht, da es eine unglaublich komplexe Nervenkrankheit zu sein scheint.

So habe ich mir also einen ersten Überblick über die Alzheimer-Patienten gemacht, mit denen ich ja wohl die meiste Zeit zusammenarbeiten werde. Um 17:30 Uhr endete mein zweiter Arbeitstag und ich machte mich auf den Weg zur pointeuse und dann auf mein Zimmer. Auf dem Weg dorthin fallen mir dann erstmals die unglaublich vielen Tauben auf, die hier auf Geländern und Laternen sitzen. Ich bleibe einen kurzen Moment stehen um inne zu halten und aufs Meer hinaus zu blicken. Es ist ein herrlicher Tag, es ist keine Wolke zu sehen und die Sonne erwärmt die Küste auf über 22 Grad. Für Mitte September recht viel, aber für die Region völlig normal, wie ich später gesagt bekomme. Ich beobachte die vielen kleinen Segelboote, Yollen und Jachten, die von hier wirklich wie die sprichwörtlich kleinen Nussschalen auf einem großen Teich aussehen. Die Sonne lässt die gekräuselte Wasseroberfläche von hier oben wie tausende Kristalle erstrahlen, die dauernd die Position verändern und auf dem tiefblauen Wasser zu tanzen scheinen. Ein herrlicher Anblick, an den werde ich mich wohl oder übel gewöhnen müssen, denke ich grinsend und zufrieden. Zumindest in dem Moment ist Berlin ganz weit weg.

Für Träumen ist aber keine Zeit mehr, denn heute hatte ich mir vorgenommen, ein erstes Mal in die Stadt zu fahren und ein Internet-Cafe zu suchen. Also hoch aufs Zimmer, Sachen gepackt und los geht’s. Lars hatte mir ja unter anderem einen Fahrplan für die Buslinie 22 dagelassen. Das ist die Linie, die an der Colline hält und direkt ins Zentrum Nizzas zu fahren scheint. Ich probierte, dem Plan eine Abfahrtszeit zu entlocken. Es scheiterte aber nicht an der Sprache. Nein, das System der Abfahrtszeiten ist so bescheuert, dass ich mir daraus einfach keinen Reim machen konnte. Ich ging also auf gut Glück los und hoffte, dass ich nicht allzu lange warten müsste. Es war zumindest nicht ganz der selbe Takt, wie man ihn vom M32 und M37 aus Spandau kennt. Aber ich musste nicht lange warten. Das Ticket kostet nur einen Euro und es gibt für die gesamte Ligne d’Azur, so der Name der Verkehrsbetriebe, nur diesen einen Tarif. Nix mit Tarifzonen A, B und C oder ermäßigtem Tarif. Das Ticket, das einem dann der Busfahrer gibt, muss man noch entwerten. An der nächsten Station, an der viele Menschen einsteigen, merke ich, dass scheinbar jeder sein Ticket entwerten muss, egal ob gerade gekauft oder Monatsticket. Letzteres muss nur an die Entwertmaschine gehalten werden, es ertönt ein Piepton und man weiß, dass man gefahrlos fahren kann. Stimmt irgendetwas mit dem Ticket nicht, ertönt ein fieser Ton und der gesamte Bus weiß bescheid. Auch ne Möglichkeit, dem Schwarzfahren entgegenzuwirken. Denn mit etwas Pech begegnet man einem Arschloch, das einen verpfeift. Glaube ich bei den Franzosen aber eigentlich weniger. Aber auf jeden Fall kann man hier nicht anonym schwarzfahren. Interessiert mich für den Moment aber nicht, mein Ticket ist ja entwertet.

Ich wusste nicht, bis wohin ich zu fahren hatte, um ins Zentrum zu gelangen, aber ich verließ mich einfach auf meinen guten Orientierungssinn. Grob gesagt suchte ich ja auch nur ein gelbes, großes und leuchtendes M. Denn in Frankreich haben die meisten McDonalds kostenloses und unbegrenztes wlan. Mit dem Bus ging es dann steil bergab, die Serpentinen runter, die wir mit dem Taxi zwei Tage vorher im Dunkeln erklommen hatten. Jetzt sah ich also das ganze Ausmaß der wunderschönen Küste Nizzas zum ersten Male im Tageslicht. Bisher hatte ich ja nur den Teil der Küste gesehen, den man von der Colline einsehen kann. Das Zentrum Nizzas sieht man von dort ja nicht. In einer Kurve hat man es komplett inklusive Strand im Blick. Da Unten musste ich also irgendwo hin. Nach einer halben Stunde Fahrt waren wir im Zentrum und ich fing an, das gelbe M zu suchen. Irgendwann kam eines, linker Hand beim Überqueren einer großen Straße, auf der Straßenbahnschienen zu sehen waren. Sah wie eine Art Hauptstraße aus, hier waren auch sehr viele Menschen unterwegs. Beim nächsten Halt stieg ich also aus und lief zurück Richtung große Straße. Ich kam zuerst auf einen großen Platz, der scheinbar die Verlängerung der großen Straße darstellte, aber nicht von Autos befahren werden darf. Zumindest sah ich keine. Dafür aber Massen an Touris.

Wie es schien, hatte ich auf Anhieb den Mittelpunkt Nizzas gefunden. Gut gemacht Simon. Die Häuser sind wunderschön renoviert, die Fassaden rund um den Platz erstrahlen in einem angenehmen Rot-Ton. Alle Häuser hier in der gleichen Farbe und dem selben Baustiel errichtet. Ein Indiz dafür, dass dieser Platz mit seinen umliegenden Gebäuden in einem Stück erbaut wurde und im Krieg scheinbar kaum oder gar nicht zerstört wurde. Ob Nizza überhaupt vom Krieg betroffen war, weiß ich gar nicht. Sollte ich erfolgreich ins Internet gelangen, nahm ich mir vor, das mal zu googlen.

Der Platz ist mit schwarz-weißen Platten in einem Schachbrett-Muster angelegt, welches von der Tram-Trasse durchkreuzt wird. In dem Moment fuhr auch gerade eine vorbei und ich erinnerte mich an ein Bild von ihr, das ich Monate vorher einmal bei Wikipedia sah, als ich etwas über Nizza wissen wollte. Die Tram ist sehr modern, sie wurde erst im letzten Quartal 2007 eröffnet, hatte also erst ein Jahr auf dem Buckel und stellte damit eine völlige Neuerung in Nizzas öffentlichem Nahverkehr dar.

Sie schnurrte leise an mir vorbei, ab und zu klingelnd, um unachtsame Touris zu warnen, die ja nun wirklich überall waren. Dass hier viele Touristen her kommen war mir klar, aber dass es so viele sein würden, hätte ich nicht gedacht. Ich blieb einen Moment stehen, um einige Fotos zu machen und lauschte den Stimmen, um zu erahnen, woher die Touristen kamen.

Den vielen Asiaten sah man das logischer Weise sofort an, in ihren typisch kurzen Cargo-Hosen mit viel zu langen Socken und dem umhängenden Fotoapparat. Ich musste grinsen. Ein mir aus Berlin bekanntes Bild. Ich hörte auch viele Deutsche und natürlich viele Franzosen. Man sah schnell, welches Klientel hier Urlaub macht. Nämlich das gut betuchte. Die russischen Touristen erkannte man sofort, auch wenn sie nichts sagten. Ich erkenne sie zumindest immer sofort, denn keine setzen sich im Schminken so von den anderen „Durchschnittseuropäerinnen“ ab, wie die Frauen der Moskauer und St. Petersburger Oberschicht. Man will schließlich gesehen werden. Ein scheinbar russisches Phänomen, man muss nur mal darauf achten. Die reichen Deutschen und Franzosen tragen sicher auch gerne ihren Reichtum zur Schau, aber doch in einer etwas anderen Manier. Wasserstoffblond und der Rock etwas zu kurz geraten, dazu ein leicht überheblicher Gang, so zeigt man in Russland scheinbar, dass man sich für etwas besseres hält. Vielleicht tue ich ihnen hier jetzt Unrecht, aber ich habe an diesem Tag ohne Hinhören auf diese Art und Weise einige Touristen aus Russland ausgemacht und erst dann anhand der Sprache festgestellt, dass ich richtig lag. In Russland ist das soziale Gefälle halt noch um einiges krasser, als in Westeuropa. Das scheint sich auch in der Art der Zurschaustellung der jeweiligen Schicht widerzuspiegeln. Die Französinnen haben dagegen sehr viel Stil. Tragen sie einen Rock, dann eher, weil sie wissen, dass es ihnen steht und nicht aus dem Willen heraus, um jeden Preis aufzufallen und sich von den anderen abzusetzen. Hat man hier auch nicht nötig. Eben weil die sozialen Unterschiede hier im Vergleich zu Russland noch einigermaßen fließend sind. Hier hat eben alles irgendwie Stil. So, wie man es aus Frankreich eben gewöhnt ist. Ob mehr oder einfach nur anders, es ist auf jeden Fall ein Stil, der mir sehr gefällt. Fängt schon bei diesem Platz hier an.

Als ich nach links schaute, sah ich einen großen Brunnen, der alle paar Sekunden eine riesige Fontäne in die Luft schoss. In dieser Richtung muss das Meer sein. Ich wollte ja aber nach rechts zu Mecces. Dort angekommen stellte ich mich erst mal an. Ein Hamburger kann schließlich nicht schaden. Für den und eine Portion Pommes musste ich allerdings geschlagene 20 Minuten anstehen, so voll war es. Vielleicht verstehen die Franzosen mit ihren eher mageren Englisch-Kenntnissen einfach etwas anderes unter dem Begriff Fastfood... Wie auch immer, ich wartete auf jeden Fall geduldig und setzte mich dann letztendlich in die obere Etage in eine Ruhige Ecke und packte beim Essen den Laptop aus. Voller Erwartung und Hoffnung, vielleicht gleich bei MSN mit Freunden schreiben zu können probierte ich also, mich einzuloggen. Ein Netzwerk mit dem Namen McDonalds gab es zumindest schon einmal. Aber so oft ich es auch versuchte, der Browser konnte die Einlogg-Seite nicht öffnen. Schöner Mist. Es erschien aber nicht die übliche „Seitenladefehler“ Meldung. Anstatt dessen lud sich der Browser da einen Wolf, ohne die Seite anzuzeigen, auf der ich mich vielleicht hätte einloggen können.

Nach einer Stunde verließ ich frustriert McDonalds und machte mich auf den Weg zum Bus. Die Bushaltestelle war sehr voll. Knapp ein Dutzend Linien fahren hier ab, dementsprechend groß war daher auch das Gedrängel. Mein 22er kam nach knapp 15 Minuten und nach etwas schubsen und drücken ging es los. Was mir beim Einsteigen auffiel war, dass man hier den Busfahrer grüßt. Fast jeder tat das hier. Gehört in Berlin eher zur Ausnahme. Hier hat man eben Anstand, dachte ich mir. Nach nicht ganz einer halben Stunde musste ich aussteigen. Dachte ich zumindest, ich hatte mir den Weg nicht so gut eingeprägt, dass ich bei der ersten Heimfahrt im Dunkeln gleich die richtige Haltestelle treffen würde. Ich ging auf Nummer sicher und stieg irgendwo aus, wo ich dachte, dass es nah an meinem Ziel liegen könnte. Und tatsächlich, ich hatte mich nur um eine Station verschätzt und war eine zu früh ausgestiegen. Die Colline war aber schon in Sichtweite und nach nicht ganz 5 Minuten langsamen Bergaufschlendern stand ich vor dem Tor. 789A eingetippt und summend gingen die Türen auf. Nachts ist der Weg einsam und dunkel, bis auf eine Lampe, die mit einem Bewegungsmelder gekoppelt ist. Den Rest des Weges läuft man im Dunkeln und kann die Aussicht auf die andere Talseite mit den vielen kleinen Lichtern genießen. Das Meer sieht man im Dunkeln nicht. Als ich die Treppen zum Haus hochging, wurde ich von einem kläffenden etwas empfangen. Guten Abend Elliot. Er schien mich nicht zu erkennen und kläffte etwas ängstlich weiter. Er war echt ein Feigling. Er kam immer bis auf einen Meter ran, um dann wieder kehrt zu machen und weiter zu bellen. Ich gab mir keine Mühe, ihm klar zu machen, dass er mich eigentlich kennt und ich jetzt hier wohne. Ich schloss die Tür hinter mir ab, Elliot blieb vor der Tür zurück und ging auf die Veranda zurück. Ich fragte mich, ob er da die ganze Nacht bleiben müsste. Auf meinem Zimmer packte ich den Laptop aus, schloss ihn an, damit der Akku wieder aufgeladen werden würde und machte Musik an. Lang machte ich aber nicht mehr, ich war wie immer ziemlich müde.

Der nächste Tag lief genauso ab wie der vorherige. Als Anfänger kann man eben nicht viel mehr machen als dastehen und blöd glotzen. Aber ich glaube, ich habe mich trotzdem gut angestellt. Selbstbewusst und immer viel fragend, wenn ich ein Wort mal nicht verstand. Ansonsten gab es an diesem Tag keine besonderen Vorkommnisse zu berichten. Nach der Arbeit entschloss ich mich, nicht in die Stadt zu fahren und lieber zu Hause etwas zu schreiben. Schließlich hatte ich ja viel zu berichten und ich schaffe es selten, mich kurz zu fassen. Ich musste mir also wohl oder übel etwas Zeit zum Schreiben nehmen. Außerdem hatte ich mir vorgenommen, sparsam zu sein. Und da ich das Rad von Lars noch nicht gefunden hatte, war ich noch auf den Bus angewiesen. Musik hörend schrieb ich an diesem Nachmittag und Abend also was das Zeug hält. Das Wetter war wie immer super, aber das Schreiben ging vor.

Am Freitag neigte sich dann also meine erste Arbeitswoche an der Colline seinem Ende zu. Viele neue Eindrücke und Menschen haben sie echt zu einer der aufregendsten Wochen seit langen gemacht. Wenn man die Umstände bedenkt, war sie eigentlich die Spannendste. Noch immer waren die Alzheimer-Patienten in der Bücherei „gefangen“, bis ihr normaler Trakt von den Direktoren geräumt war. Montag würden wir wieder alle dort sein können, dann würde die Réunion vorbei sein.

Mein erstes Resumé war sehr positiv. Ich fühlte mich soweit wohl und gut aufgehoben. Kollegen und die alten Leute waren alle sehr nett. Aber auch sie haben ihre schlechten Tage. Wie an diesem Tage zum Beispiel Madame T. Die Demenz löst bei den meisten Menschen eine extreme Unsicherheit aus, die nicht selten auch in Aggressionen enden kann. Wenn sie etwas nicht verstehen, können sie dann auf Grund ihrer Unsicherheit auch mal unfreundlich oder lauter werden. Und Madame T., die kleine niedliche Dame, die sonst immer ein Lächeln übrig hat, wurde etwas böse, als man ihr die Domino-Regeln vergeblich zu erklären versuchte. Ich habe schnell verstanden, dass man nicht immer gebetsmühlenartig versuchen sollte, mit gutem Willen etwas zu erreichen. Was nicht geht, geht in den Fällen dieser Menschen wirklich nicht. Damit muss man sich abfinden und wenn man sich dessen bewusst ist, ist man auch nicht mehr so erschrocken, wenn eine Person mal ungemütlich wird. Wir haben Madame T. dann zuschauen lassen und damit war sie dann auch zufrieden. Aber ihr weiterhin die Regeln zu erklären, hätte nichts genützt, wie mir Cathy erklärte, da einige Gedächtnisse einfach nicht mehr in der Lage sind, alte und neue Informationen auch nur eine Minute zu speichern und dann anzuwenden. Umso wichtiger ist es dann, das noch vorhandene Potenzial voll auszuschöpfen und zu trainieren, damit es nicht versiegt. Genau das wird meine Aufgabe sein, wenn ich mit den Animatrice zusammenarbeite. Aktivitäten ausführen, die darauf zielen, das Gedächtnis zu fordern und zu fördern, so weit es noch möglich ist.

Nach der Arbeit fuhr ich in die Stadt. Einen weiteren Versuch starten, endlich Internet zu finden. Ich stieg wieder an der großen Straße neben dem großen Platz aus. Diesmal lief ich aber nach links, denn ich glaubte nicht, dass das Internet-Problem bei dem McDonalds vom Mittwoch behoben sein würde. Ich überquerte also den Platz und lief auf den Brunnen zu. Ich fand den Platz wunderschön und ich hatte das Gefühl, dass, desto länger ich hier war, ich aufhörte zu bereuen, nicht in Paris zu sein. Kurz vor dem Brunnen macht die Tram einen Knick nach links. Ich lief aber geradeaus am Brunnen vorbei, da ich ja vermutete, dass in dieser Richtung das Meer liegen würde. Und tatsächlich, da war es. Hinter den Häusern gelangte ich an eine große Straße, hinter der sich eine sehr große Uferpromenade erstreckte, die direkt an den Strand anschloss. Ich las ein Straßenschild und las Promenade des Anglais. Von Palmen und den vielen Menschen geschmückt, erinnerte sie mich an den Sunset Boulevard von Los Angeles. An dem bin ich zwar im August 1999 entlanggeschlendert, aber so etwas tolles wie diese Sorte von Promenaden am Meer vergisst man so schnell nicht. Ich überquerte die Straße und lief die Promenade entlang in Richtung Westen. Es war wirklich wie in California. Türkises Meer, Palmen, teure Autos, viele Skater und hübsche Frauen. Fand ich ganz toll. Hier lässt es sich auf jeden Fall ein Jahr aushalten, dachte ich mir wohl in diesem Augenblick.

Und dann wurde es noch besser, als ich auf der anderen Straßenseite einen weiteren McDonalds entdeckte. Nix wie rein und gecheckt, ob wenigstens hier das wlan funktioniert. Ich setzte mich in die obere Etage ans Fenster mit Blick aufs Meer. Und was soll ich sagen, das wlan funktionierte auf Anhieb. So mag ich das. Ich mag Technik, wenn sie funktioniert. Ich nutzte auch gleich die Gelegenheit, per MSN einigen Freunden von meiner schönen Aussicht zu erzählen. Etwas fies angesichts 9 Grad und Regen in Berlin, aber schließlich ist Schadenfreude ja die schönste Freude, oder? Nach zwei Stunden war die Freude aber wieder vorbei, da der Akku leer war und es natürlich keine Steckdosen gab. Ist ja schließlich nen Fastfood-Restaurant und kein Internet-Café. Hamburger brauchen keinen Strom. Ich schon, also machte ich mich auf den Weg zum Bus. Gleich neben dem McDonalds befindet sich ein kleiner Park mit einer Statue. Und einem Karussell. Steht scheinbar das ganze Jahr dort und als ich daran vorbei lief war es noch beleuchtet. Es strahlte eine angenehme Atmosphäre aus. Ich bog dann links ab und lief wieder über den großen Platz mit dem Brunnen zur Busstation.

Eigentlich wäre ich noch gerne etwas länger in der Stadt geblieben, aber der etwas provinzielle Busfahrplan lässt das nicht zu. Der letzte Bus Richtung Colline fährt hier etwa um 21:30 Uhr ab und Nachtbusse gibt es nur sehr wenige und auf meiner Linie 22 sogar gar nicht. Ich habe die Abfahrtszeit aber nur durch Mundpropaganda in Erfahrung gebracht. Den Plan kapierte ich nämlich immer noch nicht. Mir war nur aufgefallen, dass an jeder Station ein und der selbe Plan hängt. Ich vermutete also, dass die vermerkten Abfahrtszeiten die der jeweiligen End- beziehungsweise Anfangsstationen der Busse seien und man dann die Fahrtzeiten zu den jeweiligen Stationen, am rechten Rand des Fahrplanes vermerkt, einfach zu der vermerkten Abfahrtszeit addieren muss. Ich hatte das für zu dämlich gehalten, als ich zum ersten Mal ratlos vor so einem Plan stand und grübelte, was das für ein System sein könnte. Der Witz ist nämlich, dass nicht jede einzelne Station mit einer Fahrtzeit von der Anfangsstation beginnend vermerkt ist, sondern das ganze nur Abschnittsweise dasteht. Etappe 1 des Busses von A nach C über B dauert dann zum Beispiel 5 Minuten und kein Mensch weiß, wann der Bus exakt an B ankommt. Er kann es zwar erahnen, wenn 10 Minuten Fahrtzeit sich mal zufälliger Weise auf 10 Stationen verteilen, aber besonders genau ist das nicht. Ein weiteres Hindernis ist, wenn der Bus mal nicht dort beginnt, wo man angefangen hat zu zählen. Je nach Tageszeit fahren die Busse entweder die ganze Strecke, oder auch nicht. Der 134 fährt ja auch nicht jeden Tag bis zum Havelwerk, sondern endet nachts teilweise schon am Rathaus Spandau. Das ist hier nicht anders. Wo der jeweilige Bus beginnt und endet ist auf dem Plan hinter jeder Abfahrtszeit farblich hinterlegt. Man läuft nur eben sehr schnell Gefahr, das zu übersehen und die falsche Fahrtzeit zu addieren. Alles in allem ist das ein total bescheuertes und verwirrendes System meiner Meinung nach. Aber auch wenn ich es am Anfang vermutet hatte, aber der Meinung war, dass doch niemand so einen Quatsch verzapfen würde, stellte sich so langsam heraus, dass es tatsächlich darauf hinauslaufen würde. Ein Rad ergab da also immer mehr Sinn. Dann würden auch Nachtwanderungen möglich sein, sollte ich das Rad von Lars denn finden. Ich habs ja mal geschafft, mein Rad eine Nacht unangeschlossen vor McDonalds am Bahnhof Zoo stehen zu lassen und es war noch da am nächsten Morgen, aber ob das hier auch klappt, wagte ich zu bezweifeln.

Irgendwann so gegen 21:30 Uhr kam dann auch der Bus und es ging wieder hoch in die Berge. Ich stieg wieder zu früh aus, diesmal aber absichtlich, denn ich wollte mit meinem Foto an der Kurve, an der man die Innenstadt so schön überblicken kann, ein paar Bilder schießen. Es war echt beeindruckend, so hoch über der Stadt zu sein und die ganzen Lichter zu überblicken.

Man sah deutlich die Promenade des Anglais mit ihren vielen Laternen. Und man sah ihren genauen Verlauf. Ich vermutete, dass sie im Osten bis nach Monaco und im westen bis nach Antibes und Cannes führen würde, dann nur unter anderem Namen. Ab und zu startete ein Flugzeug. Der Flughafen von Nizza liegt westlich der Stadt genau am Meer. Von meinem Zimmer kann ich die Flugzeuge sehr gut sehen und hören. Je nach Wind kann ich sie starten oder landen sehen. Wenn bei Westwind die Flugzeuge nach Osten starten, also in Richtung Nizza, dann drehen sie Sekunden nach dem Start nach Süden ab, um nicht die Stadt zu überfliegen. Im Dunklen sieht das von meinem Zimmer dann immer toll aus, wenn ich die kompletten Lichter des Flugzeuges sehe, das eine starke Rechts-Kurve macht und sich damit mit der Unterseite zu mir neigt. Ich stand also ungefähr 15 Minuten an dieser Aussichtskurve und lief den Rest dann zur Colline. Sind zum Glück nur 4 Stationen, aber dadurch, dass es bergauf geht, dauerte es trotzdem relativ lange.

Auf meinem Zimmer angekommen das übliche Prozedere. Laptop und Musik an. Auf der Suche nach einer Datei stieß ich dann auf ein PDF, das Melly mir geschickt hatte, einige Wochen zuvor. Es war ein Buch in PDF-Format und es heißt Feuchtgebiete. Ich erinnerte mich kein Bisschen mehr, was es damit auf sich hatte. Neugierig „schlug“ ich es also auf und begann zu lesen. Es hatte über 200 Seiten und ich kam an diesem Abend bis Seite 70, so interessant war es. Ich will lieber nicht näher ins Detail gehen, da es ein wirklich sehr spezielles Buch ist, aber ich kann nur sagen, dass ich mich noch nie so geekelt und gleichzeitig amüsiert habe. Ich hab mir da teilweise echt einen abgelacht. Ich frage mich echt, wo Melly das wieder aufgetrieben hat. Total abgedreht das Buch, aber lest es doch selber. Habs ja hier, wer es haben will kann es per MSN gerne haben. Ich kann es auf jeden Fall empfehlen, da man wirklich viel lachen oder mindestens tief Luft holen muss. Und eine Sekunde später sich dann wieder fragt, wer so krank ist, auf die Idee zu kommen, so ein Buch zu schreiben. Aber was soll man eigentlich anderes erwarten, wenn einer der ersten Sätze lautet: „Solange ich denken kann habe ich Hämorrhoiden.“ Es ist wirklich nicht zu beschreiben, aber ich bin bei vielen Passagen echt aus allen Wolken gefallen, was da so alles beschrieben wird. Auf jeden Fall las ich mehrere Stunden an diesem Abend und ging dann ins Bett.

Montag, 20. Oktober 2008

Tag 15 und 16, Ankunft in Nice und erster Arbeitstag:

Seit ungefähr 24 Stunden bin ich jetzt in Nizza in Südfrankreich und das ist es also, mein Zuhause für die nächsten 11,5 Monate. Ich sitze hier in einem kleinem, ungemütlich anmutenden Zimmer mit einem Bett, zwei Nachttischen, einem kleinen Schreibtisch und einem Bad, das keine Dusche hat, dafür aber einen launischen Spülkasten. Aber der Reihe nach.

Nach einem überstürzten Abschied aus dem Foyer Le Pont in Paris ging es mal wieder mit viel zu viel Gepäck mit der Metro Richtung Gare de Lyon. Diesmal war es aber irgendwie nicht so anstrengend, auch wenn ich kurz davor noch das Gefühl hatte, der Koffer sei noch voller als bei der Ankunft und partout nicht zuzukriegen. Bei der Ankunft in Paris 4 Tage zuvor hatte mein Koffer zwar nicht die ersten, dafür aber heftigsten Erfahrungen mit der Pariser Metro gemacht, die weder über Rolltreppen, noch über Fahrstühle verfügt. Wenn einem die Zugstange vom 30 Kilo-Koffer abbricht, versteht man vielleicht, warum ich dieses veraltete U-Bahn-System verflucht habe. Pünktlich zur Abreise war der Muskelkater in beiden Armen aber wieder vorbei, also vorerst kein Grund, nachtragend zu sein. Und wie gesagt war es beim zweiten Mal viel einfacher, meine drei Gepäckstücke inklusive eines verkrüppelten Koffers zum Gare de Lyon zu bewegen. Dank der anderen, die auch von dort abreisten mussten und denen ich mich daher anschloss, verdankte ich es auch, dass sich mein erstes Erlebnis von diesem Bahnhof nicht wiederholte. Damals im Juni hatte ich mit ungefähr der gleichen Menge Gepäck meinen Zug nach Vichy zum Sprachkurs verpasst. Diesmal war ich zur Sicherheit 90 Minuten vor Abfahrt meines TGV´s da, konnte noch in Ruhe die anderen verabschieden, deren Züge vor meinem abfuhren und konnte sogar noch feststellen, dass natürlich kein kostenloses w-lan vorhanden war. Aber weil es ja nicht so einfach sein kann, plagte mich diesmal leichtes Fieber und die Freude auf die 6-stündige Fahrt nach Nizza wollte nicht wirklich aufkommen.

Die scheinbar vorhandenen Befürchtungen bewahrheiteten sich, als sich mir eine halbe Stunde vor Cannes der Magen rumdrehte und ich keinen Bock mehr auf gar nix hatte. Reisen vertrag ich scheinbar echt nur, wenn ich hundert Prozent fit bin. Ich habe also auch so nicht viel von der Fahrt miterlebt, da ich probierte zu schlafen. Stundenlang hielten wir eh nicht und als wir hielten, sah es für mich wie ein einsamer Wüstenort aus. Wenig Vegetation und viel trockene Erde. Ich hatte keine Ahnung, wo wir waren, war mir auch egal und als wir die Côte d’Azur erreichten, an der wir dann noch etwa 200 Kilometer gen Osten entlang fuhren mussten, mit Halt in Cannes und Antibes, hatte ich auch keine Freude an dem wunderschönen Sonnenuntergang. Mir war etwas schlecht, ich war müde, entnervt und wollte nur noch ins Bett. Ich habs aber überlebt und war kurz nach 21 Uhr im Bahnhof von Nizza, wo mein TGV auch endete. In Erwartung, vom Hausmeister der Colline, Monsieur Fel, abgeholt zu werden, wartete ich geduldig auf dem Bahnsteig, auch als 5 Minuten nach Ankunft immer noch keiner da war. Nach 10 Minuten war es mir dann doch zu blöd und ich rief besagten Herren an. Er ging ran, ich verstand ihn nicht, er verstand mich nicht, direkt neben mir fuhr ein Zug ein. Hilfe...!! Ich war echt kurz vorm durchdrehen. Ich neige dann immer zur Polemik und sehe mich als Figur in einem sehr sehr schlechten Film, in dem der eine Volltrottel immer Pech hat. Eigentlich ein lustiger Film, wenn man nicht selber mitspielen würde, oder? Also willkommen in Nizza. Irgendwann kam ich auf die glorreiche Idee, man könne ja auch auf englisch klären, wo er war, wo ich war und wie ich da hingelange, wo er mich probiert hatte auf französisch hinzulotsen. Am Ende klappte es, er erklärte mir, die Polizei hätte ihn ohne Ticket nicht auf den Bahnsteig gelassen. Andere Länder, andere Sitten. Wir nahmen ein Taxi und mein Magen meldete sich wieder, zudem es noch serpentin-artig nach oben in die Berge ging. Daher auch der Name meiner Einrichtung, denn La Colline heißt soviel wie Hügel. Das hier waren aber keine Hügel mehr, das waren ausgewachsene Gebirgsausläufer. Im Hinterland von Nizza ragen die Berge immerhin bis zu 3000 Meter hoch in den Himmel. Baff war ich dann aber, als wir da waren und ich den Ausblick sah. Am Rande eines Miniatur-Tales gelegen, das zum Meer hin führt, hat man von der Colline einen atemberaubenden Blick auf die Côte d’Azur und die Lichter, die sie erleuchtet. Allerdings nicht aufs Zentrum Nizzas, denn das liegt hinter einer Landzunge linker Hand und ist vom Gelände der Colline nicht sichtbar. Verlässt man aber das Gelände und läuft einige Meter Richtung Meer und blickt gen Osten, kann man Nizza von oben in seiner ganzen Pracht erblicken. Das ganze Gelände der Colline ist eingezäumt, damit keiner raus kommt, der es nicht soll. Auch um reinzukommen musste der Taxifahrer einen Code eingeben, den Monsieur Fel ihm sagte. 789A. Einfach zu merken und gespeichert. Gleich hinter dem Tor macht die kleine süße Straße eine Rechtskurve und führt an einer Mauer, die gleichzeitig Wand für das Empfangshaus ist, zu einer Reihe weiterer Gebäude, alle scheinbar irgendwie verbunden. Ich war doch verwundert, wie groß das Gelände war. Ich hatte es mir vollkommen anders vorgestellt, aber das hier war besser. Links unterhalb der Straße gelegen liegt der Parkplatz für Besucher, durch einen kleinen Kreisverkehr erreicht man ihn. Wir luden meine Sachen aus, ich war aber viel mehr mit dem Meer und diesem Ausblick beschäftigt. Dass es so toll sein würde, hätte ich mir ja nicht erträumt. War es aber.

Erneut treppenlos ging es dann zur letzten Etappe meiner Koffer-Odyssee, nämlich das Gepäck ins Haus zu befördern, das nur durch eine kleine Treppe zu erreichen ist. Das Haus, in dem ich wohnen werde, ist noch höher gelegen als der Rest der Colline. Monsieur Fel war mir beim Tragen keine große Hilfe, da einen Kopf kleiner als ich. Man stelle sich das mal vor, wie der Arme einen Koffer schleppen soll, der mehr wiegt als er... Nach einer kleinen Einweisung in die Räumlichkeiten hatte ich endlich meine Ruhe in besagtem Zimmer. Die hielt bis zum ersten Gang auf die Toilette. Sie machte zwar schon beim ersten Anblick einen zerbrechlicheren Anblick als Monsieur Fel, dass sie aber wirklich so schrott war, habe ich mir natürlich lächelnd ausgeredet. Die wird schon robuster sein als sie aussieht. Pustekuchen. Nach einem Mal spülen hörte sie nicht mehr auf, leicht nachzuspülen. Ansich nicht schlimm, überlaufen tut ja nix. Durch die Größe des Zimmers hört man das Leitungsrauschen aber überall. Da es mir mittlerweile richtig beschissen ging, kam mir nicht mehr als „Leck mich doch am Ar...“ in den Sinn und ich verschob die Problemdiagnose des Spülkastens auf den nächsten Morgen. Während der Spülkasten also fröhlich plätscherte, konnte ich nicht schlafen, da ich inzwischen gefühlte 45 Grad Fieber hatte und am liebsten zu Mama und Papa wollte, wie in guten alten Tagen. Ich hätte sogar Mamas Fencheltee dankend angenommen, auch wenn der schon immer viel zu gesund schmeckte und wahrscheinlich insgeheim mehr Würgereflexe ausgelöst hat, als die Krankheit. Okay, ich übertreibe, aber mir gings da in dem Bett wirklich mies, so ganz alleine weit weg von zu Hause, mit einem Spülkasten, dem man am liebsten den Hahn abdrehen würde, würde man wissen, wo sich dieser befindet. Irgendwann bin ich dann aber doch eingeschlafen und als ich aufwachte dachte ich einen Moment, es würde mir besser gehen. Ging es auch, aber das war relativ. Ab in die Dusche, die zwei Zimmer weiter war und hoffen, dass es danach besser geht war die Devise. Ging es nicht wirklich, aber half ja alles nix, um 9:30 wartete wieder Monsieur Fel auf mich, um mich abzuholen und mich ein erstes Mal durch das Gelände der Colline und deren unterschiedliche Gebäude zu führen. Mir wurden so viele Namen und Informationen an den Kopf geschmissen, dass ich teilweise nur noch mit einem ironischen Grinsen durch die Gegend dackelte. Rede du nur, ich kapier nüscht. Frühstück hatte ich bewusst ausgelassen, Toiletten traute ich hier nicht so recht und ich fühlte mich immer noch fiebrig. Kurz bevor die Führung losging, hatte ich aber von einer netten jungen Französin, die scheinbar unter mir wohnt, eine Tablette gegen Fieber bekommen, von der ich mal annehme, dass es eine Aspirin war. Ich mag zwar keine Tabletten, aber in dem Fall war das mal erlaubt. Egal was es war, es half und gegen 12 ging es mir wieder gut und ich konnte alle neuen Eindrücke besser sortieren. Die personnes agées waren wirklich sehr freundlich, so wie alle anderen Menschen, die ich an diesem Tag kennen gelernt habe. Besonders nett fand ich die Bekanntschaft der zwei Animatrice, Emanuelle und Cathy, ich schätzte beide nicht viel älter als ich. Emanuelle ist leider nur zwei Tage die Woche in der Colline, mit Kathy werde ich aber jeden Tag zusammenarbeiten. Ich führte mit mehreren Verantwortlichen Gespräche, alle sehr nett. Ich kam mit meinem Französisch erstaunlich gut zurecht. Und wenn es mal hakte, hatten alle viel Verständnis und Geduld, bis ich die richtigen Worte oder Gesten fand.

Wie es an einem ersten Tag so ist, fühlt man sich erst mal recht hilflos und deplaziert. Von der ebenfalls sehr netten, aber deutlich älteren Chef-Animatrice Sylvie wurde ich praktisch allen Bewohnern des Gebäudes vorgestellt, in dem wir uns befanden und das scheinbar der Mittelpunkt der Colline war. Alle waren sehr interessiert und freuten sich, dass ein Deutscher in ein jüdisches Altersheim kommt. Und immer wieder wurde ich gefragt, ob ich wie mein Vorgänger Lars auch so toll Arccordeon spielen könne. Grinsend musste ich immer verneinen. Seinen Namen kannten sie nicht mehr, aber dass er musikalisch ist wussten sie noch ganz genau. Er war eben nur der Junge mit dem Arccodeon, aber darunter kannte ihn jeder.

Die Bewohner der Colline sind in verschiede Gruppen unterteilt, in denen sie den Tag verbringen. Ich vermute, dass diese Gruppen auch in etwa dem Grad ihrer Krankheiten und/oder Abhängigkeit entsprechen. Im Empfangshaus gleich hinter dem Eingang, das mit der Wand nach der Kurve, wohnen die ganz schlimm betroffenen, so wie ich gehört habe. Das zweite, größere Haus hinter dem Parkplatz, in dem wir uns gerade befanden und in dem ich hauptsächlich arbeiten werde wie Sylvie mir sagte, ist nochmals unterteilt. Kathy und Emanuelle sind meistens im Teil der Alzheimer-Patienten. Diese sind zwar teilweise körperlich noch mit am fittesten von allen Bewohnern, aber ihr Gedächtnis entspricht dem eines Goldfisches, so grausam das klingt. Aber nach 10 Sekunden vergessen die Meisten, was gerade passierte oder gesagt wurde. Dieser Teil ist auch etwas abgeschirmt, hermetisch abgeriegelt und liegt zudem eine Ebene unter den Eingängen des Gebäudes, also Ebene -1. Eine kleine Enklave sozusagen, die aber den besten Ausblick von allen hat, denn vom Essenssaal blickt man genau aufs Meer. Und tief nach unten, denn das Gebäude ist genau am Abgrund des Minitals gebaut, das zum Meer führt. Der Fahrstuhl nach oben ist nur durch Eingabe eines Codes zu benutzen. Ironischer Weise steht dieser direkt neben der Fahrstuhltür, aber die Bewohner können damit scheinbar nichts anfangen. Der andere mögliche Ausgang ist durch Couch-Möbel versperrt. Auch hier vertraut man wohl darauf, dass keiner der Bewohner in der Lage ist, diese zur Seite zu rücken. So hilflos wie sie sind, glaube ich das allerdings auch nicht.

Das Leben dieses Teils spielt sich im Essenssaal ab. Hier wird ferngesehen, gespielt, vorzugsweise Karten, gelesen, oder auch einfach nichts gemacht, falls gerade keine Aktivität von den Animatrice durchgeführt wird. Gleich hinter der Couch-Sammlung kommt die nächste Hürde für die Alzheimer-Patienten, ein schwarzer Vorhang, der vor der Feuertür hängt. Diese ist immer offen und wird von den Mitarbeitern auch immer benutzt, aber der Vorhang würde wohl die Bewohner verwirren, würden sie überhaupt so weit kommen. Beim Rundgang wird mir erklärt, dass die Tür aus Brandschutzgründen nicht abgeschlossen werden darf, daher auch die Couch-Garnitur, um wenigstens ein Hindernis parat zu haben. Man vermeide es auch immer, die Couch-Barriere zu überwinden, wenn gerade ein Bewohner in der Nähe ist, da diese denken, hinter den Sofas befände sich eine Wand und daher kein Ausgang. Durchquert man aber nun die Feuertür, kommt man in einen großen Wohntrakt mit vielen Zimmern verschiedener Bewohner. Läuft man weiter, kommt man zum salle d’animation, dem Raum von Sylvie. Hier bereitet sie Aktivitäten vor und einige davon finden auch hier statt, in kleinerem Kreis aber, da der Raum nicht so groß ist. Geht man noch weiter, kommt man zu der Maschine, die vor jedem Arbeitsantritt, jeder Pause, deren Ende und nach dem Ende des Arbeitstages mit einer Karte betätigt werden muss, damit die Chefetage weiß, ob die Arbeitszeiten eingehalten werden. Geht man den Gang wieder zum salle d’animation zurück und nimmt dort den Aufzug (ohne Code) ins Erdgeschoss, kommt man zum Essenssaal und der Empfangshalle dieses Teiles. Hier leben deutlich mehr Menschen als im Alzheimer-Teil, dementsprechend größer sind die Räumlichkeiten. Hier neben dem Aufzug befinden sich medizinische Räume, kleine Behandlungszimmer, wenn es körperliche Probleme der Bewohner gibt und eine Art Empfangsstation. Ob diese genutzt wird, weiß ich nicht. Geht man nun den Weg, den man eine Etage tiefer von der Feuertür gekommen ist zurück, vorbei am Essenssaal, kommt man wieder an vielen Zimmer vorbei und am Ende kommt eine Linkskurve, hinter der sich ein weiterer Aufzug befindet, der hinunter genau an der Feuertür endet. Geht man aber am Aufzug vorbei, befindet sich dort ein Aufenthaltsraum mit Fernseher. Direkt dahinter befindet sich ein weiterer Essenssaal und die zentrale Küche für das gesamte Gebäude und seine drei Teile. Wenn man nun ins Freie geht und den Hof mit schönem Brunnen und Fontäne überquert und ins nächste Haus geht, ist man wieder genau über dem Alzheimer-Teil angekommen, beim Aufzug mit dem ungemein geheimen Code. Hier befinden sich die Büros und Teile der Verwaltung. Mit dem Nebengebäude ist es wie gesagt nur über den geheimen Gang mit der Couch-Sammlung und er Feuertür verbunden, aber halt eine Etage tiefer. Oder eben über den Platz mit dem Brunnen, der immer fröhlich plätschert. Geht man zurück ins andere Haus und fährt mit dem Aufzug, der von der Feuertreppe kommt in die zweite Etage, ist diese genauso aufgebaut wie die beiden Etagen darunter, mit dem Unterschied, dass sich an Stelle des hinteren Essensaals (der bei der Empfangshalle) ein Informatik-Raum befindet. Mit Rechnern, die mit Windows 95 ausgestattet sind. Unglaublich, aber wahr. Mal will sich wohl den Gegebenheiten anpassen.

Um 12 holte ich mir mein erstes Mittagessen. Emanuelle begleitete mich. Ich bekam ein Tablett mit zwei Tellern, einen fürs Hauptgericht und einen für den Salat, den es hier zu jedem Gericht gibt, jeden Tag. Dazu ein halbes Baguette in Frischhaltefolie eingewickelt, eine Flasche mit einem halben Liter seeeeehr gut gekühltem Wasser und Besteck. Das plateau, wie das Tablett heißt, war vorher im Kühlschrank gelagert, daher musste ich das Hauptgericht in der Mikrowelle aufwärmen. Wir setzten uns hin und unterhielten uns, so gut es mit meinem Französisch eben ging. Es schmeckte soweit ganz gut und satt wurde ich auch. Zwar war die Hauptportion etwas wenig, aber durch den Salat und das halbe Baguette wird es dann wieder eine recht große Mahlzeit. Normaler Weise hätte ich zahlen müssen, aber da es mein erster Tag ist, verzichtete man darauf. Später am Tag kaufte ich mir dann noch die Coupons, mit denen ich die plateaus zahle. 10 Stück für 27,50 €. Kann man mit leben mit dem Preis. Hochgerechnet brauche ich für einen Monat etwa 20 Coupons, macht also 55 €. Wenn ich das selbe außerhalb meiner Arbeitszeit verputze, bin ich mit 100 € im Monat dabei. Zur Verfügung stehen mir 150, ist also gut Luft nach oben da. Nach dem Essen führte Sylvie mich nochmals herum, auch wenn Madame Roche, die hauseigene Psychologin, das schon gemacht hatte. War mir aber egal, denn in so einem großen Haus mit vielen Gängen schadet es nichts, alles zwei mal gezeigt zu bekommen. Wie weiter oben schon gesagt wurde ich dann von Sylvie allen Bewohnern dieses Hauses vorgestellt (Hab nur die Reihenfolge im Text etwas vertauscht, kann euch aber egal sein^^).

Im Verlauf des restlichen Tages schaute ich mir alles in Ruhe an, schnupperte mal hier, mal da rein und landete am Ende da, wo ich auch hinsollte, bei den Alzheimer-Patienten. Ich probierte mich an ersten Gesprächen, noch etwas wackelig, aber nach drei vier mal Wiederholen verstanden mich meist alle. Vor allem die Kombination aus sehr langsam, deutlich und bei einigen Bewohnern auch sehr laut reden machte es nicht unbedingt einfacher. Aber alle fanden mich sehr nett und meine blauen Augen fielen einigen Damen sofort auf. Hätte nicht gedacht, dass man sich über ein Kompliment einer 90 jährigen so freuen kann, als wäre sie 18. Lag wohl aber daran, dass ich es ohne Nachfragen auf Anhieb verstand, was sie meinten. Sieg auf der ganzen Linie. Und je länger ich sprach, jagte sprachlich ein Erfolgserlebnis das nächste, bin ja bescheiden. Aber ist wirklich so. Hat man keine Möglichkeit, sich in die Muttersprache zu flüchten, geht das mit dem Lernen unheimlich schnell. Schon am ersten Tag fing ich an, mir Hoffnungen zu machen, nach dem Jahr fließend Französisch zu sprechen. Es wird spannend.

Um 17:30 Uhr endete mein erster Arbeitstag in der Colline. Alles in allem war ich sehr zufrieden und glücklich, so freundlich aufgenommen worden zu sein. Aber noch mehr war ich müde. Mir ging es zwar wieder gut, als wäre nichts gewesen, aber die lange Reise und die Horrornacht spürte ich deutlich. Auf dem Zimmer machte ich erst mal den Laptop an, um Musik zu hören. Die Gewohnheit habe ich eindeutig von zu Hause mitgenommen. Da war das Musikanmachen auch immer das erste, was ich tat, wenn ich heimkam oder aufwachte. Ohne Musik geht gar nix mehr. Nebenbei packte ich noch einige Sachen aus dem Koffer in den Schrank. Es gab aber nur einen Bügel und der war auch noch gebrochen. Lars hatte mir zudem eine große Tüte mit nützlichen Dingen hier gelassen, die ich nun begann auszupacken. Vannillepudding in Pulverform von Dr. Ötker, Tee, ein Küchenmesser, ein Schneidebrett, Gewürze, Fahrpläne für verschiedene Buslinien, einen Marco Polo Reiseführer für die Côte d’Azur und vieles mehr. Und einen Sattel. Er hatte mir scheinbar doch das Rad dagelassen, auch wenn ich ihm auf die Frage, ob ich es haben wolle, nie geantwortet hatte. An der Tüte hing ein Zettel, auf dem auch stand, wo ich das Rad finden würde. Da er zu faul war, es zur Colline hochzufahren, hatte er es unten irgendwo in der Stadt angeschlossen. Die Adresse konnte ich kaum lesen. Du bist echt ne Witzpille Lars… Du weißt schon, dass ich neu in Nizza bin und hier vorher nie war? Jetzt soll ich also einen auf Detektiv Emil machen und ein mir unbekanntes Rad in einer mir völlig unbekannten Stadt suchen. Geil. Damit würde ich heute aber sicher nicht mehr anfangen. In die Stadt zu fahren hatte ich null Bock, das kann warten. Ich richtete mein Zimmer noch so weit ein, wie ich es am Abend vorher nicht geschafft hatte. Ich setzte mich dann noch an den Laptop und schrieb etwas. Ich fing eigentlich erst hier damit an, in Hirschluch und Paris war ich nicht dazu gekommen. Und die Idee, so richtig viel zu schreiben und anderen damit einen Einblick in mein neues Leben zu geben kam ich erst auf der Fahrt nach Nizza. Ich schrieb also noch etwa eine Stunde und ging dann um 23 Uhr ins Bett.

Den Vorhang lies ich auf, um das Meer vom Bett aus sehen zu können. Ja, das kann ich, geil ne? Da mein Haus noch höher liegt als der Rest der Colline, habe ich von allen den besten Ausblick. Und da mein Bett am Fenster steht, sehe ich das Meer und die vielen Lichter. Ich machte das Licht aus und erst dann entdeckte ich die Leuchtsticker an der Decke. Wie niedlich, war das hier mal ein Kinderzimmer? Die Sticker erinnerten mich an mein Zimmer in unserem Haus, das wir hatten, bevor meine Eltern sich trennten. Ich weiß noch genau, wie alles dort aussah, auch wenn wir vor 13 Jahren auszogen. Und ich hatte diese Sticker an der Decke, die immer freundlich leuchteten, wenn man als kleines Kind mal wieder schlecht geträumt hatte oder einfach vor verschiedensten Geräuschen Angst hatte. Diese Sticker strahlen Ruhe und Geborgenheit aus, ich finds toll, dass sie da kleben. Nach einem letzten Blick aufs Meer schlief ich ein. Ein guter Tag. So kanns weitergehen.

Sonntag, 5. Oktober 2008

Tag 12 bis 14 - Die Orientierungstage in Paris :

Das Programm am nächsten Morgen, Freitag den 12. September, begann erst um 10 Uhr, sodass man entweder lange schlafen, oder ausgiebig frühstücken konnte. Wir wurden nochmals in aller Herzlichkeit begrüßt und dann wurde das weitere Programm bekannt gegeben. Schnell gesagt waren das die Präsentationen, die wir vorbereitet hatten (oder auch nicht), ein Besuch im Memorial Center of the Shoa (ich glaube, das war der Name), ein Vortrag von einem Herren, dessen Namen ich vergessen habe, der sehr interessant war und sich hauptsächlich mit der Aufbereitung des Judenmordes auf französischer Seite befasste und wie man in Frankreich damit umgeht (Stichwort Vichy-Regime), Einzelgespräche inklusive Aushändigung der Fahrkarte zum Projekt mit Nicola oder Idan und zwei Picknicks (ist das der Plural von Picknick und schreibt man Picknick überhaupt so??).

Paris ist toll. Wenn man von der Metro mal absieht. Obwohl sie ohne Gepäck eigentlich total in Ordnung ist. Paris kann froh sein, dass es von den deutschen Truppen relativ schnell besetzt wurde und daher nicht durch Bomben zerstört wurde, wie Berlin. Die Häuser sind toll erhalten und schön renoviert. Die Massen an Touristen machen deutlich, dass man in einer richtigen Weltstadt ist.

Am ersten freien Abend, einem Freitag, liefen wir nach dem Programm stundenlang durch die Stadt, immer an der Seine entlang in Richtung Eiffelturm. Ich liebe die Seine. War auch die beste Idee, an ihr entlang zu schlendern, denn viele Straßen waren gesperrt, da der Papst in der Stadt war. Als wir in der Straße gegenüber vom Louvre standen, fuhr er an uns vorbei. Glaubten wir zumindest, denn wer sollte sonst in so einer großen Auto-Karawane sitzen, die mit viel Blaulicht begleitet wurde. Es war ein herrlicher Abend, vom Louvre habe ich richtig geile Bilder gemacht.

Vom Louvre folgten wir der Seine bis zum Eiffelturm, dann nur noch zu dritt, die anderen hatten sich abgesetzt, aber Jane, Christian und ich hatten keinen Bock auf die Hetze.


Wir beziehungsweise ich blieben alle 5 Meter stehen, um zu knippsen wie die Weltmeister. Auf einer Brücke machten wir dann noch eine Trinkpause.

Jane vertraute mir nicht so recht, ob ich wüsste, wo die Metrostation Trocadero war, von der aus wir nach Hause fahren wollten. Ich wusste aber trotzdem, wo es langging, war ja erst wenige Monate vorher schon mal hier gewesen. Die Strecke zog sich nur lang wie Kaugummi, es folgte Ecke um Ecke und immer wieder fragte sie, ob ich sicher sei, wo wir seien. Aber da die Station nicht weit vom Eiffelturm entfernt ist und dieser immer in Sichtweite war, war eigentlich klar, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Nach insgesamt über 3 Stunden laufen kamen wir dann auch am Eiffelturm an, der in Europafarben strahlte, inklusive den 12 Sternen. Was für ein Anblick.

Von so was kann ich mich nie satt sehen. Was für eine Stadt. Insgeheim hätte ich mir am liebsten in den Arsch gebissen, dass es mit Paris nicht klappte. Es wäre genau die Sorte Metropole gewesen, in der ich es ausgehalten hätte, als Trostpflaster für Berlin sozusagen. Ich fühle mich in riesigen Städten einfach am wohlsten. Aber ich war froh, überhaupt in Frankreich zu sein. Hier ist es super. Die Leute sind viel freundlicher und persönlicher als die distanzierten Deutschen.

Von Nicola wurden wir zudem über einige Dinge aufgeklärt, die typisch französisch seien. Zum Beispiel rote Ampeln. Rot heißt für Fußgänger nämlich nicht, dass man nicht laufen darf. Laufen darf beziehungsweise sollte man nicht, wenn ein Auto kommt. Ansonsten laufen alle rüber, wenn frei ist. Man setzt also auf den gesunden Menschenverstand. In Deutschland wird der oft durch Regeln und Gesetze ersetzt. Ein Deutscher fühlt sich ohne Regeln, an die er sich halten kann nicht wohl, also läuft er auch nicht bei rot über die Ampel, egal, ob ein Auto zu sehen ist oder nicht. Wenn man es eilig hat natürlich nicht und Jugendliche halten sich in Deutschland auch nicht dran, aber wenn man das mal beobachtet, stimmt das trotzdem. Wenn ihr mal nachdenkt, standet ihr sicher schon mal nachts nach einer Party an einer großen Kreuzung, weit und breit kein Auto zu sehen und die Ampel ist rot für euch. Ihr steht ne Minute da, dann merkt ihr erst, dass kein Auto kommt und es egal ist, welche Farbe die Ampel hat. Ist wirklich so. Ist mir auch schon passiert. Gatower Straße Ecke Heerstraße zum Beispiel, wenn man vom M49 in den N34 nach Kladow umsteigen will. Meist müde steht man da wie der Ochse vorm Berg. Fühlt sich jemand angesprochen? Man muss nur mal seine eigenen Gewohnheiten überprüfen und sie dann mit dem Verhalten anderer in anderen Ländern vergleichen. Ist echt lustig. Auf jeden Fall bleiben die Franzosen nicht stehen, wenn kein Auto kommt. Der Deutsche freut sich, wenn kleine Kinder in der Nähe sind, dann kann er nämlich meckern, so von wegen schlechtes Vorbild und so. Jaja die Deutschen. Aber irgendwie sind sie ja cool. Wie ging dieser Satz von diesem türkischen Comedian? „Ich bin inzwischen so deutsch, ich gehe nachts mit dem Lineal auf die Autobahn und messe, ob die Abstände zwischen den Streifen gleichbleibend groß sind.“ Lass ich mal so im virtuellen Raum stehen.

Also ich mag Frankreich, hier fühle ich mich wohl. Die Atmosphäre stimmt, viele Dinge hier haben einen besonderen Charme. Wie zum Beispiel, wenn einem jemand mit einem frisch gekauften Baguette auf der Straße entgegenkommt. Kommt alle paar Sekunden vor. Und die kleinen niedlichen Kaffees, in denen schon Mittags Wein getrunken wird. Aber mit Styl. Nicht wie bei uns, „uffjeschraubt und rinn inn Kopp“. Trotz des Großstadt-Stresses machen diese Dinge es hier gemütlich und ruhig. Irgendwie. Und mir ist aufgefallen, dass die Franzosen viel rauchen. Überall sieh man sie, die Qualmer und Suchtkrüppel. Gehört wie das Baguette wohl zur Ausrüstung dazu, wenn man unterwegs ist.

Würde Wein nicht flüssig sein, würde man ihn hier sicher in der Brusttasche mitnehmen, als Art Ahoi-Brause. Sowieso ist Wein ein Phänomen. In Deutschland habe ich ihn nie gemocht. Und dann waren wir Freitag-Mittags in dieser Crèperie. Zum Crèpe gab es natürlich Wein, einen Apfelwein. Scheiße war der lecker. Frankreich ich liebe dich und so schnell wirst du mich ja auch nicht mehr los. Auf einmal trinke ich Wein. Als hätte jemand den Schalter umgelegt. Oder mir gesagt, dass ich nun hier sei, also auch Wein zu trinken habe. Zu Befehl. Keine Ahnung, aber ich trinke Wein. Rot, weiß, bunt, was so serviert wird. „Vollmundig, beerig, im Abgang waldig“. Ist jetzt schon das zweite Mario Barth-Zitat, wem außer Benny und Cassy ist es aufgefallen? ;-)

An diesem Freitag waren wir nach dem Essen in der Crèperie zum ersten Mal in der Gruppe in Paris unterwegs. Bevor wir in den Bus einstiegen, erklärte uns Nicola an einer der vielen Stationen das System der Leih-Räder. Ein geniales System, was dem wirklich extremen Verkehr in Paris entgegenwirken soll. Ob es hilft weiß ich nicht, aber oft sieht man Stationen, wo keine Räder stehen, sie also unterwegs sind. Von den Parisern wird es also eindeutig angenommen.

Man kann das Rad, wenn man es nicht mehr braucht, einfach an der nächstgelegenen Station anschließen und wenn man zurück will nimmt man sich wieder eines. Wenn denn eines da ist. Ich glaube, wenn man bei der Firma angemeldet ist, die das ganze vertreibt, sind die ersten Kilometer umsonst, danach kostet es nur wenige Cent. Also für jeden erschwinglich. Und wenn an einem Rad mal etwas nicht in Ordnung, haben die Pariser sich ein simples, aber geniales Benachrichtigungssystem einfallen lassen. Sie drehen einfach den Sattel um 180 Grad. Somit weiß der nächste potenzielle Nutzer sofort, was Sache ist. Und es funktioniert.

Und dann waren wir noch Fallaffel essen. Wie in Berlin Döner isst man in Paris scheinbar Fallaffel für den großen Hunger zwischendurch. Wir waren dafür in einem großen jüdischen Teil von Paris. Die Gassen sind dort klein und gemütlich, überall die tollen Läden, individuell und einzigartig. H&M gibt’s hier nicht. Aber viele Rabbis. Logisch, in einem jüdischen Viertel. Aber der Unterschied zu Berlin ist, dass sie sich hier zu erkennen geben. In Berlin leben zwar inzwischen wieder über 100.000 Juden, aber die haben sich so unters „normale Volk“ gemischt, dass sie nicht auffallen. Hier in Paris gibt man sich klar zu erkennen. Gegenüber von der Imbissbude, wo wir aßen, befindet sich eine Konditorei, eine jüdische natürlich. Von oben bis unten, von vorne bis hinten gefüllt mit den leckersten süßen Teilchen, die man sich vorstellen kann. Nicht gerade billig, aber so voll wie es war, konnte man erahnen, dass Kamps hier den kürzeren ziehen würde. Qualität contra Massenware. Zumindest in Paris ein ungleiches Duell. Das Gegenteil in Berlin. Dort hat sich die Individualität verabschiedet und Alexa und Co dominieren das Konsumieren. So Kauftempel gibt es in Paris gar nicht. Zumindest nicht in der Anzahl wie in Berlin. Mein Herz hüpfte, mein Gott ist das toll hier. Meine Augen waren bestimmt so groß wie die eines Kindes vorm Weihnachtsbaum. Überall diese Läden, keiner wie der andere, überall duftet es und ich erwischte mich dabei, wie ich dachte: „Berlin? Lachhaft. Bis zu dieser Sorte Weltstadt hast du es noch weit meine Gute“. Keine Herunterstufung Berlins, eher eine Korrigierung meiner Wahrnehmung. Man lernt ja dazu.

Außer am Freitag, als wir den langen Spaziergang machten, blieb ich die Abende immer im Foyer. Ich war viel zu kaputt, um wie die anderen noch groß loszuziehen. Zudem hat das Foyer W-Lan und wir hatten den Code bekommen. Und das beste; es funktionierte. Ich hatte also etwas Zeit für mich, was mal gut tat.

Am Samstag hatten wir dann die Gespräche mit Nicola oder Idan. Ich war Nicola zugeteilt und wir redeten etwas, barvader, wie der Franzose sagt. Sie bot mir Kaffee an, in Pulverform. Ich nahm viel zu viel, sodass der Löffel sprichwörtlich beinah darin stand, so stark war er. Ich erhielt neben einem Koffein-Schock noch 40 €, meine Fahrkarte nach Nizza und eine Ermäßigungskarte der SNCF. Damit bekommen wir auf jede Fahrt einiges an Rabatt. Da wir viel Reisen wollen, ist das eine gute Sache. Ansonsten war ich der Gruppe zugeteilt, die für die beiden Picknicke einzukaufen hatte. Bei den Preisunterschieden zwischen Deutschland und Frankreich ist es nicht so einfach, unter einem gegeben Limit zu bleiben, wenn man die Preise nicht einschätzen kann. Wir unterboten es.

Wir verbrachten tolle Tage in Paris. Aber nach zwei Wochen Seminaren reicht es irgendwann und man will nur noch ins Projekt. Das beginnen, worauf man so lange gewartet hat, wovor man Angst hatte, auf das man sich gefreut hat und für geschwitzt hat in den Seminaren. Der letzte Tag in Paris begann mit dem Vortrag des namenlosen Herren. Als er fertig war freute er sich, dass ich ihm meine Gummibärchen anbot. Da er sehr viel über das Vichy-Regime um Marshall Petin redete traf es sich gut, dass ich der einzige war, der je in Vichy war, auch wenn mir das nicht mehr Wissen eingebracht hatte. Frankreich hatte es bisher immer vermieden, die eigene Vergangenheit in der NS-Zeit kritisch zu betrachten. Das Land der Revolutionen und Aufstände wollte nicht wahrhaben, dass die Kolaborateure viele Juden an Deutschland auslieferten und diese damit umbringen ließ. Wissentlich. Antisemitismus war eben nicht nur in Deutschland weit verbreitet. Die französische Vergangenheitsbewältigung hat sich aber damit immer sehr schwer getan. Kritische Bücher lösten die eine oder andere Kontroverse über dieses Thema aus. Und erst seit wenigen Jahren beschäftigt man sich in Frankreich mehr mit dieser „temp noire“, dieser schwarzen Zeit. Aber auf jeden Fall sehr interessant, mal diese Seite kennenzulernen. Nicht nur immer auf Deutschland fixiert. Denn Verbrechen gegen die Menschlichkeit gab es nicht nur bei uns.

Anschließend wurde gepicknicket. In einem süßen kleinen Garten, für jeden zugänglich. Bei bestem Wetter wurde typisch französisch gegessen. Schinken, Käse, Baguette und Salat. Satt wurde wir alle. Viel Zeit war aber nicht, denn der nächste Programmpunkt wartete schon. Wir fuhren mit dem Bus wieder Richtung Seine und gingen ins Memorial Center of the Shoa oder wie auch immer es hieß. Ich habs nicht so mit Namen. Aber interessant war es, auch wenn ich teilweise vor Müdigkeit Schwierigkeiten hatte, der Frau zu folgen, die uns durch die Ausstellung führte. Zumal es auf französisch war. Die Ausstellung beschäftigt sich mit dem Mord an den Juden. Im Freien des Museumsareals steht eine Mauer mit allen Namen der Juden, die aus Frankreich an Deutschland ausgeliefert wurden, Es sind sehr viele und es war ein bedrückendes Gefühl, dort zu stehen und diese reellen Namen zu betrachten. Bereits im Verlassen der Ausstellung bemerkte ich dann einen kleinen Bildschirm im Vorbeigehen. An der großen Tafel hinter dem Monitor erkannte ich, dass dieser Teil sich mir der Befreiung der KZ´s beschäftigte. Als ich dann den kurzen Film auf dem Monitor sah, kamen mir plötzlich die Tränen, völlig unvorbereitet. Zu sehen war eine total abgemagerte Frau, die auf dem Boden kniend und weinend einem britischen Soldat die Hand entgegenstreckte. Es war das KZ Buchenwald. Man konnte ihre Verzweiflung und gleichzeitige Freude so deutlich sehen. Plötzlich war ich sehr ernst und musste die nächsten Minuten nur an diesen kurzen Film denken. Ich war richtig verstört. Dass es mich so mitnehmen würde, hätte ich nicht gedacht, aber wenn man sich so viel mit der Geschichte der Juden auseinandersetzen muss, wird der Schrecken manchmal sogar 63 Jahre danach sehr reell. Und ich kann mich leider manchmal zu gut in Situationen hineinversetzen.

Als wir dann gleich im Anschluss zu besagtem Falaffel-Laden gingen und durch das jüdische Viertel liefen, fühlte ich mich zuerst sehr deplaziert als Deutscher. Ich schaute einem Rabbi im Vorbeigehen tief in die Augen und fragte mich, wie er heute über die Deutschen denken würden. Natürlich kann die heutige Generation nichts dafür, aber so Fragen kommen auf, wenn man so intensiv mit der schlimmsten Zeit seines Heimatlandes konfrontiert wird. Später war aber wieder alles normal und das Viertel begann mich zu begeistern.

Nach dem Falaffel ging es zurück ins Foyer und ich ging recht bald ins Bett, schließlich war der nächste Tag der Tag der Ausreise. Für mich würde er besonders lange dauern, da ich mit unter die längste Fahrt haben würde, über fünfeinhalb Stunden. Gute Nacht Simon. Morgen geht es endlich los.

Freitag, 3. Oktober 2008

Tag 11: Die Ausreise und Ankunft in Paris

Für einige lohnte es sich gar nicht mehr, ins Bett zu gehen, da die ersten schon um 5 abreisten, wie zum Beispiel die Amerikaner, die schon um 8 in Tegel im Flugzeug nach Frankfurt sitzen mussten, um dort um 10 ihren US Airways-Flug nach Philadelphia zu bekommen. Wir Franzosen waren wieder mal mit am letzten dran, auf mehr als 4 Stunden Schlaf kam ich aber trotzdem nicht. Und ob man es glaubt oder nicht, habe ich natürlich wieder nicht am Vorabend gepackt. Dementsprechend groß war die Hektik, als ich merkte, wie knapp die Zeit wurde, da um kurz vor 7 Treffpunkt vorm Haupthaus war. Ich schaffte aber dann doch alles problemlos und konnte sogar noch schnell frühstücken. Um 7:30 Uhr war Abfahrt, vorher mussten wir aber das Stück bis zur Straße laufen, was uns bei der Ankunft ja erspart geblieben war. Die wenigen, die nach uns fuhren, begleiteten uns und beim Abschied flossen sogar Tränen. Es war auch wirklich eine tolle Zeit und keiner konnte zu dem Zeitpunkt wissen, wen man wiedersehen würde und wen nicht. In der Konstellation würde es auf jeden Fall kein weiteres Seminar geben.

Nun saßen wir also mit den Holländern zusammen im Bus, die allerdings eine Regio früher nahmen, da ihr IC nach Amsterdam Berlin Ostbahnhof schon etwas früher verließ als unser ICE Richtung Basel. Wir durften also in Fürstenwalde am Bahnhof noch über eine Stunde warten. Es wurde Kaffee getrunken, Zeitung gelesen oder einfach auf Gepäckstücken liegend mitten auf dem Bahnhofsvorplatz ein Nickerchen gehalten. Viel geschlafen, aber einiges getrunken hatten wir schließlich fast alle.

Die Fahrt zum Berliner Ostbahnhof dauerte nur etwas mehr als 30 Minuten und uns blieben über 20 Minuten, bis unser ICE abfuhr. Da wir das Gleis nicht wechseln brauchten also eine lockere Angelegenheit, zudem unsere Regio überpünktlich war. Meine Mutter wartete schon, diesmal ging also alles klar, keine Probleme mit der Kommunikation zum Glück. Ich war froh sie zu sehen. Mein Vater war wie immer zu spät. Jane, eine Mit-Freiwillige, wurde auch schon erwartet und auch hier flossen natürlich Tränen, das habe ich aus dem Augenwinkel gesehen. Meine Mutter hatte einige Dinge mitgebracht, wie Mütter eben so sind. Aber sie hatte sogar einen Schokostreuselkuchen gebacken und mir mitgebracht. Ich liebe diesen Kuchen, ein besseres Abschiedsgeschenk hätte sie mir wahrscheinlich in dem Moment nicht machen können. Ansonsten noch was zu Trinken, was zu Naschen und ne Süddeutsche zum Lesen. War also gut eingedeckt. Ich war nur misstrauisch beim Anblick meines Koffers. Der erinnerte mich in dem Moment an eine Frau im 9. Monat. Es passte aber mit vereinten Kräften alles rein, noch etwas in die letzten freien Stellen der Laptoptasche und des Rucksackes und alles war verstaut.

Dann kam Papa. Scheiße, er hatte ne Tasche in der Hand, ich hatte ihn ja gebeteten, mir noch Socken und so mitzubringen... Jetzt wurde es kritisch. Es wurde gedrückt, gestopft, gezupft, umsortiert und am Ende mit vereinten Kräften versucht, den Koffer zuzukriegen. Und was soll ich sagen, wir haben es geschafft, mitten auf Gleis 7 des Berliner Ostbahnhofes. Papa hatte mir außerdem noch ein Headset mitgebracht, für skype. Sehr gut, darum hatte ich ihn gar nicht gebeten, er war also von ganz alleine darauf gekommen. Ich musste grinsen. Dann fuhr auch schon der ICE ein und wir hievten unsere Tonnen an Gepäck in den Zug. Wir hatten fast ein ganzes Abteil für uns und trotzdem reichte der Platz in den Ablagefächern und zwischen den Sitzen nicht aus, um alle Gepäckstücke unterzubringen. Mein Koffer, der so oder so nicht in die Ablagefächer passte, wurde also mit zwei anderen in bester Gesellschaft im Gang vor der Tür platziert. Ich stieg noch mal aus um Lebewohl zu sagen. Jetzt also entgültig. Ich merkte meiner Mutter an, dass sie mit den Tränen kämpfte. Mein Vater ist da zu idealistisch zu. Er denkt, dass es das beste ist, was mir passieren kann, also kein Grund traurig zu sein. Aber trotzdem weiß ich, dass er mich vermissen wird. Ich ihn natürlich auch.

Wie ich da so in der Tür stand sagte keiner ein Wort. Ich wusste auch gar nicht, was ich hätte sagen können außer „Ich werde euch vermissen ihr Idioten.“ Wenige Minuten vorher hatte meine Mutter noch gesagt, dass sie und mein Vater es nun endlich geschafft hätten, mich zu vertreiben. Sie klang dabei sehr traurig. Und teilweise stimmt es auch irgendwie. Ich musste mal raus, weg von dem ganzen Stress, weg von meinen zerstörerischen Eltern, weg von zu Hause. Die Idee mit ASF und dem Zivildienst im Ausland war da eine ganz fixe Idee, von der ich eigentlich gedacht hätte, dass sie nach einmal schlafen keine Rolle mehr spielen würde. Wie man sieht, ist mehr aus der Idee geworden, denn nun stand ich auf der Türschwelle des ICE´s und sah in das traurige Gesicht meiner Mutter, in das stolze meines Vaters und mit ihnen mein altes Leben. Im Hintergrund das blaue Schild, auf dem Berlin Ostbahnhof stand. Die Türen begannen zu piepen und ich fühlte mich wie in einem schlechten Film, in dem die Abschiedszenen immer viel zu dramatisch gemacht werden. Aber nun begannen sich die Türen zu schließen, die Türen zu meinem alten Leben, zumindest für eine sehr lange Zeit und dazwischen stand ich, mit Tränen, die sich begannen im Auge zu sammeln. Sehen würden sie meine Eltern nicht, dazu sind die Scheiben der Tür nicht sauber genug beziehungsweise getönt. Ich schaute noch ein letztes Mal in die Gesichter meiner Eltern, zum Namensschild des Bahnhof und setze mich dann hin, da der Zug sich ohnehin bereits in Bewegung gesetzt hatte.

Ich hatte mir einen Fensterplatz ergattert, sehr gut. Ein letztes mal fuhren wir durch mein Berlin, vorbei am unglaublich hässlichen Alexa, durch den Bahnhof Alexanderplatz, wo ich ein letztes Mal zum Fernsehturm hochschaute und eine Tram in Richtung Hackescher Markt beobachtete, durch den Bahnhof Friedrichstraße, wo ich mich an den leckeren LeCrobag im ersten Untergeschoss erinnerte und dann am Bundespressestrand mit Blick auf die Abgeordnetenhäuser und dem Reichstag vorbei zum Berliner Hauptbahnhof, der wie ein einsamer Herrscher dastand, als größtes Bauwerk weit und breit in einer noch kargen Landschaft. Irgendwie respekteinflößend. Zumindest für mich, aber ich sehe Berlin eh anders als die meisten Leute. Die anderen wohnen nur hier, mehr nicht. Ich lebe hier, in ihr, mit ihr. Die meisten denken, wenn ich so rede, dass ich ne Schraube locker habe, so über eine Stadt zu reden. Es ist eine Stadt, nichts besonderes denken sie bestimmt. Für mich ist es mehr. Es ist zu Hause, Zufluchtsort, wenn zu Hause die Luft brennt, sie hört dir immer zu, wenn du Probleme hast und meckert nie, aber gibt dir immer wieder die Energie, die du brauchst, um weiter zu machen. Sie ist Heimat. Ich bin jedes Mal stolz, wenn mich jemand fragt woher ich komme und ich dann antworten kann, dass ich aus Berlin komme. Ich würde auch nie auf die Idee kommen, Mannheim zu antworten. Meine Geburtstadt, meine Wurzel, aber nicht mein zu Hause, meine Heimat. As a free man I take pride in the words: Ich bin ein Berliner.

Wir passieren den S-Bahnhof Bellevue. Ich zeige den anderen das gleichnamige Schloss, in dem unserer Bundespräsident Horst Köhler wohnt. Die meisten wissen nicht mal, dass es existiert. Und dass es „Schöner Ausblick“ bedeutet. Ja, über so Dinge mache ich mir Gedanken, wenn ich durch meine Stadt laufe. Und wenn man will, kann man in Bellevue einen Wink des Schicksals für das kommende Jahr deuten, ein Jahr mit schönen Ausblicken, die wir aber erst noch entdecken müssen. Von der linken Fensterseite wechsele ich auf die andere und zeige den anderen das Haus, in dem ich und mein Vater wohnen.´, kurz vor dem S-Bahnhof Tiergarften. Man kann es von der Bahn sehr gut sehen, zumindest das Vorderhaus. In dem befindet sich die Botschaft von Honduras. Ein Botschafter und seine Sekretärin, mehr arbeiten da sicher nicht drin. Kein Wunder, bei so einem kleinen Land, das nur vom Kaffeeexport lebt. Uhuuu, Kaffeeexport mit drei e. Auf jeden Fall nicht zu vergleichen mit der US-Botschaft, die mehrere Tausend angestellte hat, ohne Witz. Und Tag und Nacht auf Schärfste bewacht wird. Vor bösen Arabern mit Bärten oder so. Von denen laufen in Berlin dummerweise viele rum. Alle mit massenweise Sprengstoff unterm Pulli. Armes Amerika, alle hassen euch. Meine Botschaft wird nicht bewacht, ich habe sogar einen Schlüssel. Wohne ja eigentlich im Hinterhaus, also nicht direkt im Botschaftshaus, aber da sie zusammengehören und unsere Namensschilder an beiden Türen hängen, sage ich immer, ich würde in der Botschaft von Honduras wohnen. Macht mich interessanter vielleicht.

Dann passieren wir den Bahnhof Zoologischer Garten, von den Berlinern nur Zoo genannt. Der ist logischer Weise auch gleich um die Ecke und der artenreichste der Welt. Der gleichnamige Bahnhof ist durch die Drogenszene und Christiane F. vor einigen Jahrzehnten weltberühmt geworden. Das Buch „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ kennt zumindest vom Namen sicher jeder, der das hier liest. Seit Mai 2006 halten hier keine Fernzüge mehr, außer Nachtzüge und Züge nach Osteuropa, Moskau, Kaliningrad (ehem. Königsberg) und so weiter. Es gab starke Proteste gegen den Beschluss der Bahn, den Bahnhof Zoo vom Fernnetz zu nehmen. Aber da am 28. Mai 2006, kurz vor der WM, der Hauptbahnhof eröffnet wurde, der der größte und modernste Kreuzungsbahnhof Europas ist, sah man bei der Bahn keine Notwendigkeit mehr, den nur 5 Minuten entfernten Zoo als Halt für Fernzüge beizubehalten. Auch der Fahrtzeiten wegen, was nur eines von vielen unsinnigen Argumenten der Bahn war.

Berliner trennen sich ungern von alten Gewohnheiten und man sieht ungern ein, warum man etwas ändern sollte, was Jahrzehnte gut funktionierte. Berliner sind pragmatisch. Zudem der Bahnhof Zoo erst wenige Jahre zuvor teuer renoviert und modernisiert wurde. Und ob ein ICE von Frankfurt/Main nach Berlin 4:50 Stunden fährt oder nur 4:45, weil er nicht im Zoo hält, ist wurscht, wie der Berliner zu pflegen sagt, mit seiner bekannten Berliner Schnauze. Ähnlich war es beim Flughafen Tempelhof. Zumindest in Westberlin war der Widerstand groß. Die Ossis haben sich dafür kaum interessiert, ihnen hatte der Flughafen während der Blockade 1948 schließlich nicht das Leben gerettet. Und insgeheim munkelt man, dass sich die Ossis bei dem Volksentscheid gegen THF entschieden, weil es ja auch die Wessis waren, die den Palast der Republik haben abreißen lassen. Die berühmte Retour-Kutsche. Ist übrigens ein Berliner Wort. Als Napoleon 1806 in Berlin einmarschierte, nahm er die Quadriga, eine Kutsche gezogen von 4 Pferden vom Brandenburger Tor mit nach Paris, da er ein großer Kunstsammler war. 1815 wurde Napoleon von den Preußen geschlagen, welche die Kutsche zurück, also retour nach Berlin brachten. Daraus haben die Berliner das Wort Retour-Kutsche gemacht, was noch heute beschreibt, dass man jemanden etwas heimzahlt.

Wir hielten noch im Bahnhof Berlin-Spandau und auch hier hatte ich viel zu erzählen. Nicht nur, dass ich dort groß geworden bin, in den Kindergarten, zur Grundschule und aufs Gymnasium ging und letztendlich 15 Jahre ausschließlich dort gewohnt habe, seit meine Eltern im Februar 1991 mit mir aus Mannheim zuzogen und bis mein Vater im Februar 2006 nach Tiergarten zog. Auch erzählte ich, dass zum Beispiel die Ärzte um Farin Urlaub aus Spandau stammen, dass Spandau Europas erfolgreichsten Wasserballverein beheimatet und dass Spandau eigentlich älter ist als Berlin und sich daher unter der Hand gar nicht wirklich zu Berlin zugehörig fühlt. Und das stimmt wirklich, Spandau ist anders als der Rest Berlins und daher sagt man dort auch gerne „Berlin bei Spandau“. Spandauer verlassen ihren Bezirk verhältnismäßig selten, vieles des sozialen Lebens spielt sich ausschließlich dort ab und der Rest Berlins hat auch so recht wenig in und mit Spandau zu tun. Dabei ist es sehr schön dort, Berlins vielleicht grünster Bezirk, der zwar flächenmäßig der zweitgrößte ist, aber mit knapp 230.000 Einwohnern relativ dünn besiedelt ist. Ganz im Westen Berlins gelegen findet man dort viele Wälder wie den Spandauer Forst und viele ländliche Gegenden mit Bauernhöfen, wie Gatow und Kladow im Süden Spandaus. In Kladow wohnt auch meine Mutter. Wunderschöne Gegend, direkt an der Havel und dem Wannsee gelegen, nur halt am Arsch der Welt. Schön zum Spazierengehen und entspannen, aber wer als 20 Jähriger zwischen Tiergarten und Kladow wählen muss, der muss nicht lange überleben. Das Leben findet in der Innenstadt ab, hier geht die Post ab und hier pulsiert die Großstadt. Ich mochte es aber trotzdem immer, am Wochenende nach Kladow zurückzukommen, um eben mal auszuspannen, mal dem Stadt-Stress entfliehen.

Kurz hinter dem Bahnhof Spandau verlässt die Bahn die westliche Stadtgrenze und fährt ins Brandenburgische. Ab hier beschleunigt der Zug auf seine 250 km/h und ich sortierte erst mal die ganzen Sachen, durch den Kuchen, der in einer separaten Tüte war, hatte ich nun 4 Gepäckstücke und die mussten erst mal so platziert werden, dass ich an alles nötige schnell rankam, ohne aufzustehen, also Laptop und die Tüte mit dem Kuchen und den anderen Sachen zu Essen. Ich aß also erst mal etwas, bis Braunschweig, dann probierte ich etwas zu schlafen. Unausgeschlafen Reisen und am Vorabend Alkohol getrunken ist ne scheiß Kombination bei mir, das merkte ich an meinem Magen, der sich regelmäßig um sich selbst zu drehen schien. Nach dem Essen ging es mir aber wieder normal, nur das erschöpfte blieb. Ich holte den Laptop raus und hörte Musik und döste leicht weg. Die anderen auch, es wurde leise im Abteil.

Nach etwas mehr als viereinhalb Stunden erreichten wir Frankfurt am Main Hauptbahnhof, wo wir in den ICE nach Paris Gare de l’Est umsteigen mussten. Dazu hatten wir eine knappe Viertelstunde, nur dass wir diesmal das Gleis wechseln mussten. Voll gepackt machten wir uns auf den Weg und am Bahnsteigende bemerkten wir, dass unser Gleis geändert wurde. Von Gleis 17 auf Gleis 1. Dort angekommen war für mich die Freude groß, als dort kein ICE stand, sondern der französische TGV. Der ICE schien auszufallen und der TGV als Ersatz musste einspringen. Ich fands toll, wollte schon immer mal in einem TGV fahren. Und wie schon auf meiner fahrt nach Vichy wenige Monate zuvor überzeugte Frankreich mal wieder durch Komfort und Platz, den man in einem ICE vergebens sucht. Es fanden deutlich mehr Steckdosen einen dafür vorgesehen Platz und wir setzten uns. Von innen war der TGV dem ICE in Sachen Komfort einiges voraus. Die Sitze sind bequemer und man hat mehr Platz. Die Kuchentasche musste nicht wie im ICE zwischen meinen Beinen platziert werden, sondern fand in einer Ablage neben mir Platz. Ich saß diesmal nämlich am Gang. Der Klapptisch scheint auch größer zu sein. Doch dann merkte ich schnell, dass ich das Verteufeln der deutschen Komfort-Schlampigkeit schnell zurücknehmen sollte, als ich meinen Laptop wie im ICE an eine Steckdose anschließen wollte. Es gibt keine. Selbst die ältesten ICE´s, die inzwischen fast 20 Jahre auf dem Buckel haben und damit nur wenig jünger sind als die TGV, verfügen seit der letzten Modernisierung aller Züge an jedem Zweiersitz eine Steckdose. Die französische Eisenbahngesellschaft SNCF hat die Innenräume optisch zwar dem 21. Jahrhundert angepasst, aber technisch hat man einiges verschlafen. Da sind wir Deutschen eben unschlagbar. Sehr beruhigend.

Im Schneckentempo ging es dann auch pünktlich los, jeder hatte seinen Platz und war zufrieden. Paris, wir kommen. Nächster Halt war nach einer halben Stunde Mannheim Hauptbahnhof. Ich rief bei meiner Tante Gisela an, als wir gerade durch den Bahnhof Waldhof fuhren, dessen Fussballverein Waldhof Mannheim es sogar mal in die erste Liga schaffte, aber das ist lange her. Es nahm niemand ab, also probierte ich es bei einer anderen Tante, hab ja 6 davon in Mannheim. Bei Karola nahm mein Cousin Adrian ab, wir redeten kurz, dann kam seine kleine Schwester, meine Cousine Christin ans Telefon und noch später ihr Vater Matthias. Nur Tantchen war nicht da. Aber wenigstens habe ich mal hallo gesagt, keine 20 Minuten entfernt im TGV sitzend. Lustige Sache.

Über Kaiserslautern und Saarbrücken ging es Richtung französische Grenze, hinter der es endlich mal etwas schneller voran ging. Dass man nun in Frankreich ist merkt man nur, wenn das Netz vom Handy wechselt, ansonsten merkt davon nichts mehr, Kontrollen sind ja abgeschafft worden. Mit Tempo 350 jagte der Zug nun Paris entgegen übers typisch französische Hochgeschwindigkeitsnetz. Es besitzt deutlich weniger Halte als das deutsche, wodurch es schneller ist. Wenige Kurven machen es aber erst möglich, dass die Züge über 300 km/h fahren können. Das ist in Deutschland nur auf der Strecke Frankfurt-Köln möglich, die auch erst vor wenigen Jahren eröffnet wurde. Abhilfe hat man sich in Deutschland mit Neigezügen geschaffen, die ICT´s. T steht für Technik. Diese ICE´s haben zwar nur eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h, sind durch ihre Neigetechnik in Kurven aber deutlich schneller, wodurch sie die verlorene Zeit wieder aufholen und auf einigen Strecken sogar schneller sind als die normalen und schnelleren ICE´s. Dadurch spart die DB viel Geld, denn Geschwindigkeiten jenseits der 300 km/h kosten die SNCF sicher verdammt viel, da der Stromverbrauch expotenzial ansteigt, je schneller der Zug fährt.

Den Rest der Reise haben wir fast alle geschlafen. Es wurde dunkel und der Zug fuhr ohne einen Halt durch, bis Paris. Nach etwas mehr als 4 Stunden waren wir da, es war kurz vor 21 Uhr. Dort warteten auch schon Nicola, Heidi und Idan auf uns. Nicola ist die ASF-Länderbeauftrage im Pariser Büro, also zuständig für alle Frankreich-Freiwilligen. Heidi ist ihr französisches Gegenstück, sie arbeitet im Hauptquartier von ASF in Berlin, spricht perfekt deutsch und war wie wir nur zu Besuch in Paris. Sie würde Paris wie wir am Montag den 15. September wieder verlassen und nach Berlin zurückfahren. Idan ist Heidis Helfer in Berlin, soweit ich das richtig verstanden habe. Er wohnt erst seit Kurzem in Berlin und spricht daher bisher kaum deutsch. Alle drei begrüßten uns typisch französisch mit Küsschen links rechts. Dabei machte Idan natürlich auch keine Ausnahme bei uns Jungs, auch typisch französisch. Nicht so zugeknöpft wie in Deutschland, wo Männer so was nicht machen, mit Ausnahme der Araber. Ich habe damit auch kein Problem, da es ja etwas normales hier ist.

Nach der Begrüßungszeremonie auf dem Bahnsteig ging es los zur Metro. Wir bekamen alle Tickets und los gings. Treppen runter und wieder rauf, durch ewig lange Gänge zum richtigen Bahnsteig der Metro. Rolltreppen oder Fahrstühle sucht man hier vergebens, ganze 3 Bahnhöfe im gesamten Metrosystem sind behindertengerecht ausgestattet, was ich für einen echten Skandal für eine Weltstadt für Paris halte. Schon nach wenigen Treppen waren wir fix und fertig, denn beim Tragen half uns keiner. Jeder hatte ja mit seinen eigenen Sachen zu kämpfen. Zum Glück konnte ich meinen Koffer durch die langen Gänge ziehen, da er eine coole, ein- und ausfahrbare Zugstange besaß. Irgendwann hatte ich keinen Bock mehr, den Koffer jedes Mal die Treppen hoch und runter zu schleppen, also zog ich ihn auch dort runter. Stellte sich als dumme Idee raus, denn am Bahnsteig der Metro merkte ich, dass die Zugstange die heftigen Stöße des schweren Koffers nicht überstanden hatte. Sie war dermaßen verbogen, dass sie sofort bei der nächsten Berührung abbrach. Schöner Mist. Den Koffer an der kleinen Lasche zu ziehen ist bei dem Gewicht noch viel schwerer, als ihn Treppen hoch zutragen, da er sehr schnell ausbricht und dann erst wieder in die Richtung gehievt werden muss.

Laut fluchend stieg ich in die Metro ein. Ich war stocksauer. In Berlin gibt es fast keinen Bahnhof mehr, der nicht über Aufzüge oder Rolltreppen verfügt. Vielleicht bin ich zu verwöhnt. Wie ja schon festgestellt, sind die Franzosen bei einigen Dingen nicht auf dem neuesten technischen Stand. Meine Laune wurde beim Umsteigen nicht viel besser, im Gegenteil. Ich schimpfte immer noch wie ein Rohrspatz. Ich war verschwitzt und mit den Nerven total am Ende. Ich war froh, als wir dann endlich am Foyer Lepont waren, wo sich das ASF-Büro befindet. Wir stellten unsere Sachen erst einmal unten ab und sammelten uns oben zu einem Willkommens-Empfang. Serviert wurde natürlich Wein.

Und dann zückte Nicola eine Speisekarte einer Pizzeria. Schon besser, Hunger hatten wir nach dieser Tortour auf jeden Fall. Jeder suchte sich eine Pizza aus und dann wurde bestellt. Bis sie geliefert wurden, bekamen wir Zimmerschlüssel und brachten unsere Sachen dorthin. Ich nutzte die Gelegenheit zum Duschen. Das Bad war genial. Einen Quadratmeter groß war ich doch froh, nicht der Größte zu sein. Klo und Dusche waren eine Einheit, nur ein Vorhang verhinderte, dass die Klobrille nass wurde. Ansonsten ein sehr modernes Haus, gute Betten und alles schön sauber. Dann ging es zum Essen. Die Pizza war nicht so gut wie bei La Vitoria, aber wenn ich Hunger habe, schmeckt mir beinahe alles. Wir stießen an und alle waren zufrieden, ich auch. Kurzes Breafing zum morgigen Tag und dann ging es ins Bett. Wurde auch Zeit, ich war fix und fertig. Ich schlief sofort ein.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Tag 2 bis 10: Das große Vorbereitungsseminar

Das Vorbereitungsseminar ist relativ einfach gegliedert. Frühstück gibt es bis 8:45 Uhr, um 9 gibt es meistens ein Plenum, das organisatorische Dinge anspricht oder auch Geburtstagskinder erwähnt, von denen es bei über 150 Personen fast täglich eines gibt. Nach dem Plenum fangen die PAG’s an, die sogenannten Projektarbeitsgruppen. Diese sind in die unterschiedlichen Themengebiete der Projekte gegliedert, zum Beispiel politische Bildungsarbeit, Arbeit mit Kindern oder Arbeit mit alten oder behinderten Menschen. Alles logischerweise länderübergreifend. Ich bin in zuletzt genannter PAG. Geleitet wird sie von Matteo. Behandelt werden so alltägliche wie banale Fragen wie „Ab wann ist man alt“ und „Was ist alt bzw. jung für dich?“ So intensiv wie in diesen 10 Tagen habe ich mich noch nie mit diesem Thema auseinandergesetzt. An einem Tag ging es auch mal recht biologisch um Krankheiten, die größtenteils bei alten Menschen auftreten wie zum Beispiel Alzheimer. Wir haben gelernt, dass Alzheimer die Senioren fast wieder zu Kindern werden lässt, unselbstständig und abhängig. Besonders interessant für mich, da ich in meinem Projekt fast ausschließlich mit stark dementen und an Alzheimer erkrankten Menschen zu tun haben werde. Hier also ein erster Vorgeschmack.

Sportlich konnte man sich auch ertätigen. Es wurde regelmäßig auf einem Bolzplatz Fussball gespielt, was sich auf diesem Acker als echte Herausforderung entpuppte. Es existiert auch ein sehr gut gepflegtes Beachvolleyball-Feld, auf dem täglich gespielt wurde. Ohne mich aber, Volleyball war noch nie mein Ding, dafür hat der Pytlik gesorgt. Das Gelände bot sich auch gut zum Joggen an, da eine Art Rundweg existiert. Ansonsten wurde die wenige Freizeit gammelnd verbracht, lesend, vorm Laptop hängend oder quatschend mit anderen. W-Lan sucht man dort natürlich vergebens, ist ja Brandenburg.

An zwei Tagen ging es jeweils nach dem Frühstück mit dem Bus nach Wannsee ins Haus der Wannsee-Konferenz. Dort bekamen wir eine Führung, nahmen an Diskussionsrunden teil, schauten uns die Ausstellung an und nahmen an einem sehr interessanten Zeitzeugengespräch mit Inge Deutschkron teil.

Sie schilderte sehr authentisch ihre Erfahrungen aus der Nazi-Zeit. Als Jüdin musste sie in Berlin untertauchen, flüchten und kehrte schließlich 50 Jahre nach Kriegsende nach Berlin zurück. Trotz ihrer über 80 Jahre sprach sie klar und deutlich, auch brachte sie ab und zu einen ironischen oder zynischen Satz unter, womit sie deutlich machen zu probierte, wie unerklärlich ihr die Geschehnisse zwischen 1933 und 1945 waren und noch immer sind. Und sowieso lernten wir in diesen zwei Tagen sehr viel über jüdische Schicksale und die sogenannte „Endlösung der Judenfrage“, über die im Haus der Wannsee-Konferenz damals debattiert worden war.

Auch wusste ich nach diesen zwei Tagen in Wannsee und speziell nach dem Gespräch mit Inge Deutschkron nicht mehr so recht, wo ich das deutsche Volk in der damaligen Zeit einordnen sollte. Es als bloßes „Tätervolk“ darzustellen reichte jetzt nicht mehr, dazu ist das Thema viel zu komplex, das habe ich aber erst nach den zwei Tagen in Wannsee kapiert. Dass es nämlich mehr als nur schwarz und weiß gibt. Und gerade Frau Deutschkron hat ihr eigenes Volk gar nicht an den Pranger gestellt, wie man es eigentlich erwartet hätte. Nein, sie hob speziell die hervor, die bereit waren den Juden zu helfen und die in keinster Weise das Naziregime unterstützen in dem was es tat. Dass sie es gewählt hatten und sich damit in einer gewissen Weise schuldig machten ist aber eine andere Geschichte, das probierte auch Frau Deutschkron zu erklären. Mir wurde klar, dass es nicht einfach ist, in dieser Zeit gute und schlechte Menschen zu erkennen und dass es sich eigentlich verbietet, diese Klassifizierung zu verwenden, eben gerade, weil zwischen Tätern, Opfern und Mitläufern ein oft zu schmaler Grad bestand. Sind die, die 1933 die NSDAP wählten, später aber gegen den Krieg waren und Juden halfen nun gute oder schlechte Menschen? So hätte ich mir die Frage vorher gestellt. Jetzt wusste ich, dass man schon viel früher ansetzen muss, dass man es so weit erst gar nicht kommen lassen darf, dass man sich diese Frage stellt.

Und genau da sehe ich ASF. Nicht wieder gutmachen wollen, denn das ist unmöglich. Nicht entschuldigen, denn wir Freiwilligen tragen keine Schuld. Nein, es besser machen, das ist unsere Aufgabe. Mit gutem Beispiel voran gehen. Und das tun wir Freiwilligen. Ich bin stolz, Deutscher zu sein, leider haben viele immer noch ein Problem damit, das zu sagen. Und es macht mich noch mehr stolz, zu unseren Freunden nach Frankreich zu gehen. Denn wir leben in einem vereinigten Europa, was in vielen Köpfen zwar noch nicht ganz angekommen ist, das aber durch viele Krisen gegangen ist, meist von Deutschland verschuldet im letzten Jahrhundert. Und heute können wir uns in die Augen schauen und sagen, hey, heute wissen wir, dass es besser geht. Und ich als ASF-Freiwilliger und Mensch mit politischem Bewusstsein bin stolz, dass aus Feinden Freunde geworden sind. Das gilt nicht nur für Frankreich, aber ich denke, dass dieses Bewusstsein irgendwie in jedem ASF’ler steckt und das es das ist, was uns von anderen unterscheidet, dass Frieden nicht umsonst ist und man etwas dafür tun muss. Und dass wir Freiwilligen ein kleines bisschen dazu beitragen, dass alte Feinde auch in Zukunft Freunde und gute Nachbarn bleiben. Stolzer Deutscher, stolzer Franzose? Auch, aber vor allem stolzer Europäer!

Es war sehr beeindruckend, dass Inge Deutschkron trotz allem keinen Hass auf ihr Volk propagierte, sondern eben in ihren Büchern die stillen Helden beschrieb, die sonst kaum einer erwähnt. Wie zum Beispiel Otto Weidt, in dessen Blindenwerkstatt am Hackeschen Markt sie damals Anfang der 40er unter falschem Namen unterkam und der es durch seine geschickte Art wusste, die Gestapo zu bestechen. Dadurch rettete er vielen Juden das Leben und nahm dafür sogar mal Arrest auf sich. Und trotzdem machte sie immer wieder deutlich, dass sie in keinster Weise verherrlichen wollte, was sie auch nicht tat, aber ich schätze das ist ihre Art der Vergangenheitsbewältigung und das geht scheinbar auch ohne Hass, was sehr beeindruckend ist. Wenn mir so etwas widerfahren würde wie den Juden damals, dann hätte ich einen unendlichen Hass auf die, die es zuließen, nämlich das Volk, denn zu viele haben weggeschaut.

Am Sonntag den 7. September war großer Kirchentag. Da ASF eine christlich geprägte Organisation ist, die auch auf Kirchengelder angewiesen ist, wurde jeder Freiwilliger einer Berliner Gemeinde zugeteilt, egal ob er nun wie ich konfessionslos ist. Frühstück bis 6:45 Uhr. Als wir das und die aushängenden Abfahrtzeiten lasen, haben die Langschläfer und chronisch Müden wie ich ganz schön die Nase gerümpft. Ist aber verpflichtend, also was solls. Alle Schaltjahre mal ne Kirche von Innen zu sehen schadet sicher nicht. Ich war mit drei anderen Frankreich-Freiwilligen der Französischen Gemeinde im Französischen Dom am Gendarmenmarkt zugeordnet, sicher nicht die schlechteste Gemeinde.

Eine Gruppe musste sogar in den Berliner Dom, der erst wenige Tage zuvor sein renoviertes Domkreuz zurückbekommen hatte und welches nun wieder golden strahlend den höchsten Ort des Domes schmückte. Da nicht alle Freiwilligen in einer Fuhre nach Berlin gebracht werden konnten, wurden mehrere Busse gechartert, alle mit unterschiedlichen Abfahrtszeiten und Routen. Ich war im letzten Bus, konnte also am längsten frühstücken, bis kurz vor 7. Über die neue Autobahn an Europas größter Baustelle vorbei, dem zukünftigen Hauptstadtflughafen BBI, ging es ins Zentrum Berlins. Von Mitte über Friedrichshain bis Pankow und Buch ging die Tour, die Gemeinden waren wirklich sehr zerstreut gewählt geworden, sodass wir über eine Stunde durch Berlin fuhren. Durch die Friedrichstraße, vorbei am Alex, dem Dom und der Ruine des Palastes der Republik bot sich für die Nicht-Berliner nebenbei eine kleine Stadtführung an, die viele aber verschliefen. Da unser Gottesdienst erst recht spät begann, wurde uns angeboten, im Bus zu bleiben, als die andere Gruppe, die im Französischen Dom zu Gast war, aussteigen musste. Wir nahmen dankend an, so konnten wir noch etwas schlafen beziehungsweise wach werden. So waren wir fast die letzten, die ausstiegen. Wir wurden bereits vom Pastor erwartet, der uns eine kleine Einführung in den Gottesdienst gab. Dieser würde auf Deutsch und Französisch gemacht. Das ist nicht sehr verwunderlich, da Berlin eine sehr große hugenottische Gemeinde besitzt, die noch heute größtenteils Französisch spricht. Außerdem sollten wir uns und unser Projekt alle einzelnen vorstellen, vor der Gemeinde.

Der Gottesdienst ansich verlief ohne große Höhepunkte, viele Leute waren nicht gekommen und der Pfarrer und die Pfarrerin mussten sich Mühe geben, wenigstens etwas Leben in das ganze zu bringen, was ihnen soweit aber gut geling. Wir sprachen kurz vor, alles ganz routiniert versteht sich. Zum Schluss wurden wir mit Gottes Segen in unsere Projekte entsannt. Da fühlt man sich doch gleich viel besser als Atteist.

Die Überraschung kam allerdings, als uns gesagt wurde, dass wir zum Gemeindeessen eingeladen seien, das gleich im Anschluss stattfinden würde. Da wir viel Zeit hatten, war das natürlich toll. Uns wurde ein riesiges Menü aufgetischt, das ich nie erwartet hätte. Wir schlugen kräftig zu, unterhielten uns mit verschiedenen Leuten der Gemeinde, versuchten vergebens weitere Förderer zu finden und verabschiedeten uns am Ende zufrieden und satt. Um 15 Uhr war Treffpunkt im Prenzlberg an der Kulturbrauerei, ASF hatte Karten für das Theaterstück Rambazamba organisiert. Da es aber nicht verpflichtend war und eh nicht alle untergekommen wären, hatte ich mich entschlossen, nach Hause zu fahren. Um 18 Uhr musste ich nur wieder an der Kulturbrauerei sein, um wieder mit den anderen nach Hirschluch zurückzufahren. Zu Hause packte ich noch einige Dinge ein, surfte mal wieder ausgiebig im Internet, natürlich mit meinem neuen Laptop und unterhielt mich mit meinem Vater. Der Weg nach Hause war komisch. Durch die Straßen deines Kiezes laufen und zu wissen, dass du da, aber eigentlich schon weg bist, machte mich wieder etwas traurig. Ich hing mich an den einfachsten Dingen auf, sei es nur ein Auto mit Berliner Kennzeichen. Nach einigen schönen Stunden zu Hause musste ich mich wieder auf den Weg machen. Papa kam mit. Wir waren viel zu früh dort und so liefen wir durch die Brauerei, redeten und schauten dem Treiben zu. An dem Tag gab es dort ein großes Kinderfest. Dann hieß es mal wieder Abschied nehmen, war ich ja inzwischen gewöhnt. Macht es aber kein bisschen schöner.

Mit dem Bus ging es dann wieder zurück nach Hirschluch, wo ein warmes Abendessen auf uns wartete, Gulasch nach Art des Hauses oder so. Na guten Appetit. Danach ging es sofort aufs Zimmer. Seit 6 auf den Beinen, ich war hundemüde. Bastian klagte nur über seinen Darm, dem der Gulasch wohl sehr zu schaffen machte. Zum Glück war das Fenster die ganze Nacht sowieso auf, mir stieß das Zeug nämlich auch auf...

Die restlichen Tage liefen wieder nach gewohnten Schema. An einem Tag aber hatte man es selbst in der Hand, wie man ihn gestalten wollte. Zur Auswahl gab es neben Fussball auch eine Tauschbörse für natürlich völlig legal im Internet runtergeladenes Material wie Musik und Filme, der ich mich natürlich anschloss, für ein Jahr Nizza brauch ich schließlich guten Stoff. Und dann gab es da noch den Projektnachmittag, auch mehr oder weniger frei wählbar. Man gab drei Präferenzen der Themenvorschläge an und man wurde zugeteilt. Ich wurde zum Glück dem Film-Projekt zugeteilt. Natürlich haben wir es nicht an einem Nachmittag geschafft, einen Film auf die Beine zu stellen, aber am letzten Abend vor den Länderpräsentationen haben wir ihn rechtzeitig beendet und präsentiert und ich muss sagen, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ein kleines Team aus ungefähr 10 Leuten hat zwischen den verschiedenen anderen Aktivitäten mit eigenem technischen Equipment, eigener Videokamera, eigenen Laptops und eigenen Ideen einen richtig schönen kleinen Film gedreht. Aber seht doch selbst, ich werden versuchen, ihn hier reinzustellen. Er stellte aber auf jeden Fall einen schönen Abschluss des Seminars dar und bot einen kleinen Querschnitt der Geschehnisse der 10 Tage an, so gut es mit unseren Mitteln und der knappen Zeit möglich war. Und während den Dreharbeiten war auch mal Zeit, etwas Quatsch zu machen. Unsere Mädels haben definitiv Stimmung gemacht.

Und beim Bearbeiten des Films haben wir uns wirklich ins Zeug gelegt. Wir haben einen kleinen Raum zu einer Multimedia-Zentrale und einem Cut-Room umgebaut. Man hatte teilweise das Gefühl, in einem Informatik-Saal einer Uni zu sein. Und beim cutten waren alle immer höchstkonzentriert.

Das Highlight des Seminars sollte aber die große Party am letzten Abend sein. Schon sehr früh wurde dafür extra ein Party-Komitee gebildet, das sich um die Organisation zu kümmern hatte. Es wurde Geld gesammelt, damit es an Getränken nicht mangeln sollte. Für die 3 € die jeder zu zahlen hatte, wollte er etwas trinken, erhielt man 2 Liter Bier, damit kommt man einen Abend auf jeden Fall gut rum.

Es war eine Party wie die meisten anderen auch, die man kannte, nur mit dem Unterschied der Gesellschaft. Viele freundeten sich erst hier richtig mit den anderen an, tauschten Adressen aus und schworen sich, sich immer fleißig zu schreiben und Erfahrungen auszutauschen. Zudem wurde in der Kapelle, wo die Party stiegt, eine Art Postsystem an der Wand angebracht. Kleine Täschchen, in die man ausliegende Zettelchen mit einer Nachricht stecken konnte. Neben dem Tanzen und Quatschen war das Zettelschreiben die Hauptbeschäftigung des Abends. Ich habe 7 Zettel bekommen und mindestens so viele geschrieben. Hab mich dann immer wie ein kleines Kind, das vorm Weihnachtskalender steht gefreut, wenn eine Nachricht im „Postfach“ war.

Es war wirklich ein toller Abschluss des Seminars, eine sehr gelungene Feier mit sehr guter Musik, die sich dann doch irgendwie von den anderen Partys unterschied, die man gewöhnt ist. Andererseits war ich dann auch etwas traurig, dass man die Leute, die man erst so richtig kennen gelernt hatte, schon wieder verabschieden musste. Aber so ist das nun mal. Aber wir hatten viel Spaß und das ist schließlich die Hauptsache, oder? Seht selbst, auch wenn das Bild einem Angst machen kann. Aber wir haben viel gelacht.

Bis tief in die Nacht hinein wurde gefeiert, getanzt, Briefchen geschrieben, getrunken und gelacht. Das war es also, das erste große Seminar. Der Beginn eines ganz besonderen Jahres für uns, das uns sicher noch viel bringen wird im weiteren Leben, da bin ich mir sicher.